Wiesen, Feuchtwiesen, Magerwiesen und Trockenrasen
Artenreiche und naturnahe Wiesentypen sind im Sinne der Biodiversitätskonvention zu erhalten und zu fördern. Naturnahe Wiesen sind Hotspots der Biodiversität und beherbergen eine große Anzahl von Tier- und Pflanzenarten bereits auf kleinen Flächen. Feuchtwiesen, Magerwiesen und artenreiche Fettwiesen sind Wiesenlebensräume, welche zahlreiche gefährdete Arten beherbergen. Der Erhalt dieser Wiesenlebensräume bildet damit einen wichtigen Baustein zum Erhalt der Biodiversität.
Der Erhaltungszustand der Wiesenlebensräume verschlechtert sich immer weiter: „Bei den Graslandlebensräumen weisen vor allem Mähwiesen‚ Pfeifengraswiesen und verschiedene Arten von naturnahem trockenem Grasland eine sich verschlechternde Entwicklung des Erhaltungszustands auf, was ihre Abhängigkeit von extensiven Bewirtschaftungsmethoden verdeutlicht, die in der gesamten EU immer noch im Niedergang begriffen sind.“ (Bericht über den Zustand und die Trends von unter die Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie fallenden Lebensraumtypen und Arten für den Zeitraum 2013-2018, Brüssel 15.10.2020)
Traditionelle, artenreiche Fettwiesen
Wiesen und Weiden sind meist vom Menschen geschaffene Lebensräume und die traditionellen artenreichen Fettwiesen unterhalb der Baumgrenze wurden durch Rodung der Wälder gewonnen. Diese traditionellen und über Jahrhunderte entstandenen Wiesenlebensräume zeichnen sich durch Artenreichtum aus. Goldhaferwiesen (Trisetetum flavescentis) waren einst die typischen Wiesenformen in Höhen von 1.300-1.700 m. Mit mehr als 40 Pflanzenarten gehören sie zu den artenreichsten Wiesengesellschaften. Wie alle traditionellen artenreichen Wiesentypen sind auch sie in Südtirol weitgehend verschwunden (Tasser et al, „Wir Landschaftsmacher“, 2012)
Glatthaferwiesen (Arrhenatheretum) gedeihen in den tieferen Lagen bis ca. 1200 m. Artenreiche Glatthaferwiesen sind ebenfalls fast zur Gänze verschwunden und sehr selten.
Die Goldhaferwiesen und Glatthaferwiesen gehören zu den Fettwiesen und liefern hochwertiges, kräuterreiches Futter für Nutztiere. Die Nutzung der Wiesen wurde intensiviert und die traditionelle Bewirtschaftung nicht beibehalten:
- es wird mehr Dünger (Gülle, Festmist) eingebracht
- es wird öfter gemäht
- es wird früher gemäht
Verarmte und artenarme Grünlandwirtschaftsflächen sind die Folge und bestimmen die heutige Wiesenlandschaft und die ehemaligen artenreichen Fettwiesen gibt es so gut wie gar nicht mehr. Zum Verschinden der artenreichen Wiesen auf http://biodiversitaet.bz.it/wiesen/wiesen-2/
„Grasland, das einige sehr artenreiche Lebensräume umfasst, gehört ebenfalls zu den Gebieten mit dem höchsten Anteil an schlechten Zustandsbewertungen (49 %). Grasland, das eine aktive Bewirtschaftung erfordert, befindet sich in einem besonders schlechten Zustand.“ (Bericht über den Zustand und die Trends von unter die Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie fallenden Lebensraumtypen und Arten für den Zeitraum 2013-2018, Brüssel 15.10.2020)
Feuchtwiesen:
Auf feuchten und nassen Standorten haben sich Feuchtwiesen entwickelt. Einige Feuchtwiesentypen, wie Niedermoore oder Großseggenrieder kommen auch in der Natur vor und sind halb- natürlich und sind naturnahe Wiesenlebensräume.
Die Trollblume ist eine Art der feuchten und frischen Wiesen. Diese naturnahen Wiesentypen weisen eine große Fülle an verschiedenen Tier- und Pflanzenarten auf, von Schmetterlingen, über Heuschrecken bis zu Spinnentiere und viele Arten der Feuchtwiesen scheinen in der Roten Liste auf. So sind z.B. die Kurzflügelige Schwertschrecke oder die Sumpfschrecke stark gefährdete Heuschreckenarten oder die Sumpf-Kreuzspinne gefährdet und er Kantige Lauch vom Aussterben bedroht (Rote Liste Tiere und Pflanzen Südtirol).
Die Sumpfdotterblume, die in der Natur in Schwarzerlenbruchwäldern vorkommt, ist eine charakteristische Art der Sumpfdotterblumenwiesen (Verband Calthion). Feuchtwiesen des Calthion zählen bei vielen Tiergruppen zu den artenreichsten aller Grasland-Ökosysteme Mitteleuropas. In nordwestdeutschen Feuchtwiesen wurden über 1900 Tierarten nachgewiesen.
Über eine der höchsten faunistischen Artenvielfalt verfügen auch die Pfeifengras-Wiesen. Viele Arten sind biotopspezifisch an diese Lebensräume gebunden, von der Sumpf- Schrecke bis zum Mädesüss- Perlmuttfalter. Pfeifengraswiesen auf kalkreichen Böden sind FFH- Lebensraum (Kodes 6410) und gehören pflanzensoziologisch zum Verband Molinion caeruleae.
Einige Feuchtwiesentypen, z.B. mit Schilf oder Großseggen wurden früher nicht so sehr als Futter für Tiere genutzt, sondern als Einstreu im Stall. Solche Wiesen werden als Streuwiesen bezeichnet.
Ebenfalls zu Feuchtwiesen im weitesten Sinn kann man Niedermoore zählen (FFH Lebensraum Kodes 7210 und 7230).
Feuchtwiesen sind gefährdete Lebensräume. Durch Entwässerung, Drainage, Überdüngung, Überweidung oder Nutzungsaufgabe wurden diese Lebensräume immer seltener. Im intensiven Wirtschaftsgrünland Südtirols gibt es so gut wie keine Feuchtwiesen mehr.
Auch in Schutzgebieten in Südtirol konnten Feuchtwiesen oft nicht erhalten werden und sind degradiert, wie z.B. auf der Tschapit Alpe. Der Erhaltungszustand von Feuchtwiesen ist im Natura 2000 Gebiet Rosengarten- Schlern beim Ladinser Moos durch die intensive Nutzung als Weide mittel bis schlecht (Natura 2000 Managementplan). Auch die Biodiversität der Feuchtwiesen und Niedermoore in den Armentera Wiesen (Natura 2000 Gebiet) ist durch die Intensivierung der Landwirtschaft, der Veränderung der Grundwasserkörper (Drainage, Grundwassersenkung) usw. gefährdet.
Magerwiesen und Trockenrasen
Auf nährstoffarmen und meist trockenen Standorten haben sich Magerwiesen im Laufe der jahrhundertelangen Bewirtschaftung gebildet. Einige Wiesentypen sind natürlich, wie Trockenrasen, welche auf Flächen wachsen, wo kein Baumwachstum möglich ist (z.B. wegen des flachgründigen Bodens oder der Trockenheit). Die Magerwiesen weisen eine reichhaltige Flora und Fauna auf. Im Bild oben ist ein Trespenhalbtrockenrasen abgebildet. Das typische Gras dieses Wiesentyps ist die Aufrechte Trespe (Bromus erectus). Untersuchungen aus der Steiermark belegen eine große Artenvielfalt, mit durchschnittlich 68 Arten pro Aufnahmefläche sind sie artenreich. Mit 19 Rote Liste Arten (10,2% der Arten) sind sie Lebensraum zahlreicher gefährdeter Arten. In Südtirol gibt es so gut wie keine Trespen- Halbtrockenrasen mehr.
Zahlreiche verschiedene Wiesentypen aus den Verbänden Mesobromion (Trespenhalbtrockenrasen), Xerobromion, Festucion valesiacae usw. sind auf mageren, trockenen Standorten ausgebildet. Der Schafschwingel ist eine typische Grasart, der trockenen und mageren Wiesen.
Botanisch ökologische Unteruchungen des Wirtschaftsgrünlandes Südtirols (https://www.researchgate.net/publication/228831177_Botanisch-okologische_Untersuchungen_des_Wirtschaftsgrunlandes_in_Sudtirol_unter_besonderer_Berucksichtigung_der_Bergmahder) ergaben, dass Bergmähder (Mähwiesen auf Almen) ungemein artenreich sind und zahlreiche verschiedene Pflanzengesellschaften beherbergen, wobei die trockenen Magerrasen sehr artenreich sind. Sporadisch gemähte Bergmähder sind mit durchschnittlich 39 Arten am artenreichsten. Seltene Mahd (nicht jährlich) fördert die Diversität der Gefäßpflanzen der Bergmähder. Bergmähwiesen sind ein FFH- Lebensraum (Kodex 6520).
Borstgrasrasen nehmen auf Almen in der subalpinen Stufe (oberhalb der Waldgrenze) große Flächen ein und sind meist artenarm. Blühende Wiesenpflanzen fehlen in diesen Almweiden weitgehend. Borstgrasrasen können aber auch artenreich sein, wie im Bild oben, und Orchideenarten, Arnika und eine Vielzahl anderer Wiesenpflanzen blühen im Hochsommer. Artenreiche Borstgrasrasen der montanen Stufe sind ein Lebensraum, der durch die FFH- Richtlinie geschützt ist (Kodex 6230).
Die Artenvielfalt der trockenen Wiesen (Trockenes Grasland) ist sehr groß und jede Höhenstufe und jedes Gebiet Europas hat seine eigene Vegetation. Artenreiche Magerwiesen auf mageren Stanorten gibt es in Südtirol im Wirtschaftsgrünland so gut wie keine mehr.
Trockenrasen (primäre natürliche und sekundär entstandene) sind von herausragender Bedeutung für die Biodiversität. Mehr zu Trockenrasen und inneralpine Trockenvegetation: http://biodiversitaet.bz.it/wiesen/trockenrasen/.
Besondere Wiesenlebensräume
Besondere Wiesenlebensräume der Kulturlandschaft sind Wiesen, in denen Bäume stehen. Ein echter Hotspot der Biodiversität in Mitteleuropa sind Streuobstwiesen, Wiesen mit Obstbäumen http://biodiversitaet.bz.it/2018/10/22/streuobstwiese/
Eine Sonderform von Wiesen sind Lärchenwiesen in Südtirol, mit Lärchen bestockte Wiesen. Hier gedeihen neben den Wiesenarten auch Arten des Waldes, wie Flechten auf den Bäumen. Zwei Ökosysteme sind in Lärchenwiesen damit vereint und Wiesen erfüllen damit auch ökosytamere Funktionen des Waldes, wie die Kohlenstoffanreicherung. Während es 1975 noch 140 km² Lärchenwiesen gab, sind es heute nur noch 30 km². Traditionelle Lärchenwiesen sind herausragende Lebensräume: mit durchschnittlich 47 Arten sind sie sehr artenreich und durchschnittlich 10 Rote Liste Arten beherbergen sie viele gefährdete Pflanzenarten.
Die Hauptgründe für den Verlust von artenreichen Lärchenwiesen sind: Aufgabe der Bewirtschaftung und Bewaldung, Umwandlung in Wiese, Umstellung von Mahd auf Beweidung, Überdüngung.
Viele Tierarten sind an offene Grasflächen gebunden oder auch auf spezielle Pflanzenarten durch Spezialisierungen angewiesen. Jede Art stellt andere Ansprüche an den Lebensraum, so kommt etwa die Feldlerche in Äckern oder Wiesen vor. Die spezialisierten Arten sind im Gegensatz zu Generalisten und Allerweltsarten anspruchsvoller und diese anspruchsvolleren Arten bedürfen der Aufmerksamkeit. Feldlerchen waren einst Vögel, die man häufig in Wiesen beobachtete. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft sind aber Feldlerchen, Neuntöter, Braunkehlchen usw. auf Wiesen die Ausnahme und nicht die Regel.
Wiesenbrüter, wie die Feldlerche oder die Wachtel, sind heute in Südtirol nur noch selten anzutreffen und wohl für immer verschwunden ist der Kiebitz (offene Wiesen und Ackerflächen bei Feuchtgebieten) und das Rebhuhn. Die Feldlerche mit minus 91,9% und das Braunkehlchen mit minus 86,7% im Farmland Bird Index Südtirols belegen die negative Entwicklung der Vögel in den Wiesenlandschaften Südtirols.
Die Landnutzungsänderungen, z.B. Umwandlung von Mähwiesen in Apfelplantagen und die Intensivierung der Bewirtschaftung (frühere und häufigere Mahd, Düngung, Planieren usw.) sind die Hauptgründe für das Verschwinden der einst weit verbreiteten Wiesenvogelarten. Der Kiebitz war z.B. im Brixner Raum und bei Natz- Schabs einst als Brutvogel vertreten. Wiesen und Äcker von Natz- Schabs im Eisacktal und im Vinschgau sind Apfelplantagen gewichen, welche aber keinen Lebensraum für Wiesenvögel oder Wiesenblumen bieten.
Auch die Artenvielfalt an Insekten hat in den Wiesen abgenommen. Auf den Wiese wird es still. Das Zirpen der Grillen und das Rascheln springender Heuschrecken ist nur noch selten hörbar. Auch Schmetterlinge werden rarer. Mehr zu den Schmetterlingen auf: http://biodiversitaet.bz.it/2017/12/01/schmetterlinge/
Die Biodiversität nimmt weltweit ab. Besonders betroffen ist die Biodiversität der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die Nivellierung der Standorte, (z.B. die Meliorierungen, Entwässerungen, Bewässerungen) und die Intensivierung der Bewirtschaftung haben zu einem extremen Verlust an naturnahen und artenreichen Wiesen in der Grünlandwirtschaft Europas geführt. Südtirol ist davon nicht ausgenommen. Viele artenreiche Buckelwiesen in den Dolomiten wurden eingeebnet und damit zerstört. Ökosysteme, Lebensräume und Arten sind damit verloren gegangen und die Biodiversität hat abgenommen.
„Eine Voraussetzung für den Schutz dieser Lebensraumtypen ist, sie zu identifizieren und gegen triviale abzugrenzen. “ Peter Unterluggauer 2016. Um artenreiche und seltene Wiesengesellschaften schützen zu können, müssen die Orte, an denen die Wiesen vorhanden sind bekannt sein. Eine Erfassung der artenreichen Wiesen ist vorzunehmen, wie es in Paragraph 3 des nationalen Bereichtes des Italienischen Umweltministeriums gefordert wird.
Diese Erfassung kann u.a. zur gezielten finanziellen Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben, welche einen Beitrag zur Biodiversität leisten, dienen.
In artenreichen Wiesen kommen Kräuter vor, welche Heil- oder Gewürzpflanzen sind. Diese fördern die Gesundheit der Nutztiere und können auch als Heil- oder Gewürzpflanzen verwendet werden.
Eine artenreiche Wiese ist auch von sozial-ökonomischer Bedeutung. Nicht zuletzt wird die von traditionell bewirtschafteten Wiesen geprägte Kulturlandschaft als ästhetisch ansprechender empfunden als Intensivgrünland (TASSER et al. 2012). Aufgrund der ästhetischen Bedeutung sind artenreiche Blumenwiesen von ökonomisch-touristischer Bedeutung, auch wenn dies vielen Hoteliers nicht wirklich bewusst ist. Auch für die Milchwirtschaft sind solche Wiesen wie „Werbeplakate“ der Vermarktung.
Bedeutende Strukturen für die Biodiversität in der Landschaft
Feldgehölze, Hecken und Einzelbäume
Von Bedeutung für die Biodiversität sind naturnahe Strukturen in der Landschaft, wie z.B. Feldgehölze. Bereits ein Einzelbaum bietet Tieren einen Lebensraum, z.B. als Nistplatz. Linear in der Landschaft ausgebildete Feldgehölze sind als Lebensraum und als naturnahe, extensive genutzte Flächen von Bedeutung. Hecken bieten Wildtieren Deckung, dienen als Brutplätze für Vögel (z.B. Neuntöter) und viele Straucharten der Hecken (z.B. Wildrosen, Schlehe usw.) bieten Vögeln Nahrung. Feldgehölze tragen ganz wesentlich zum Artenreichtum einer Landschaft bei und sind häufig der Lebensraum von Rote Liste Arten.
Auch heute noch werden Feldgehölze gerodet und damit Lebensraum zerstört. In der unmittelbaren Nähe des Artenschutzzentrums St. Georgen wurde eine naturnahe Hecke gerodet und durch eine Trockensteinmauer ersetzt. Dadurch ging der Lebensraum der Smaragdeidechse verloren. Durch Unkenntnis und „naturschützerischem Aktionismus“ ist ein wertvoller Lebensraum verschwunden. Die Aktion wurde von einem örtlichen Umweltverein begleitet.
Eine feldgehölzreiche Wiesenlandschaft von großer Bedeutung ist im Oberen Vinschgau bei Mals zu finden, wo Heckenbrüter wie Neuntöter und Wiesenbrüter wie Wachteln noch zu finden sind.
Trockensteinmauer
Neben Hecken sind Trockensteinmauern Elemente der Kulturlandschaft, welche für die Biodiversität von Bedeutung sind. In den Trockensteinmauern entsteht ein Mikroklima, das wärmeliebenden Arten einen Lebensraum bietet. Tiere wie die Mauereidechse und Pflanzen wie Mauerpfeffer fühlen sich in besonnten Steinmauern wohl. In den Trockensteinmauern wachsen Pflanzenarten, welche man in der Natur auf Felsen findet.
Wespen sind sehr nützliche Insekten, denn sie fressen z.B. Fliegen. Es sind kleine Raubtiere, welche die Menschen vor Fliegenplagen im Sommer schützen.