Fauna

(Titelbild: Mauereidechse, Podocis muralis, geschützt durch FFH- Richtlinie Anhang IV)

Genaue Zahlen über die auf der Erde lebenden Tierarten gibt es nicht und wird es auch in näherer Zukunft nicht geben, da man spätestens bei Bakterien auf große Wissenslücken stößt (Schätzungen gehen von einer Milliarde Bakterienarten aus).

Für viele Tiergruppen gibt es genaue Artbeschreibungen und Artenzahlen. Weltweit gibt es 32.000 Fischarten im weitesten Sinn und 11.121 Vogelarten. Am artenreichsten sind die Insekten und die Spinnentiere mit 2 Millionen Arten. Weichtiere (Muscheln, Schnecken usw) sind ebenfalls  mit 110.000 Arten eine sehr artenreiche Gruppe. Säugetiere gibt es weltweit 5500 Arten. Die Artenvielfalt auf unserem grün- blauen Planeten ist groß. Die Biodiversität der Erde ist jedoch global in Gefahr: Klimawandel, Ressourcenverbrauch, Rodung von Wäldern, Verschmutzung der Meere und Urbanisierung belasten die Erde und führen zum Verlust an Biodiversität.

Die Artenvielfalt ist für das Leben auf der Erde eine Grundvoraussetzung, man denke an die Bestäubung von Blüten. Hummeln und andere Wildbienen bestäuben und befruchten Pflanzen, wodurch Pflanzen erst Samen und Früchte bilden können. Hummeln und andere bestäubende Insekten erfüllen Ökosystemdienstleistungen, welche auch der agrarischen Lebensmittelproduktion (z.B. Obst- und Beerenanbau) dienen. Ebenfalls eine biodiversitätsgebundene Ökosystemfunktion ist die biologische Schädlingsbekämpfung. In Agrarökosystemen, wie traditionell bewirtschafteten Streuobstwiesen, halten Nützlinge Schädlinge in Schach und chemisch-synthetische Petizide sind überflüssig (http://biodiversitaet.bz.it/tag/streuobstwiese/). Innerhalb des Übereinkommens zur Biologischen Vielfalt (CBD) wurde 1998 auch eine Erklärung verfasst, welche den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Blütenbestäubern als bedeutenden Teil des Agrobiodiversität beinhaltet.

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Werden Blüten von Obstbäumen nicht fremdbefruchtet, bringen sie kaum Früchte hervor.

In Europa und Amerika haben in den letzten 10 bis 15 Jahren Honigbienen stark abgenommen. Viele Honigbienenvölker starben und bestäubende Insekten nehmen global ab. Dieser Prozess wird als Bienensterben bezeichnet.

Fluginsekten haben um 75% abgenommen
Insektensterben: wie die Blumen in den Wiesen sind auch die Insekten weitgehend veschwunden

Das Insektensterben in Europa ist seit Jahrzehnten in Gang, Arten starben aus und die Biomasse der Insekten hat dramatisch abgenommen. Langzeituntersuchungen des Entomologischen Vereins Krefeld 2017 belegten einen Rückgang der Fluginsekten von 75% innerhalb von 30 Jahren und weitere Studien belegten den dramatischen Rückgang von Insekten ( siehe auch http://biodiversitaet.bz.it/pestizide/ und http://biodiversitaet.bz.it/2020/05/06/insektensterben/. Auf einer Broschüre der Provinz Bozen zu Schmetterlingen wurde auf die Abnahme Individuen (also der Biomasse) hingewiesen: „Auch der Reichtum an Individuen hat in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Studien schätzen für die Nordschweiz einen Schwund von 99% der Tagfalter im 20. Jh. Ähnliches gilt auch für intensive genutztes Gebiete Südtirols“ Amt für Landschaftsökologie der Provinz Bozen, 2006.

Gottesanbeterin (Mantis religiosa) klettert auf Hauswand

Die Vögel Europas sind eine gut untersuchute Tiergruppe und das Langzeitmonitoring der gewöhnlichen und häufigen Arten in Europa ergab einen Rückgang von 15% in den Jahren zwischen 1980 bis 2016. Die gewöhnlichen Waldvögel nahmen um 6% ab und die gewöhnlichen Vögel der Kulturlandschaft nahmen um 57% ab, haben sich seit 1980 also mehr als halbiert (State of common European breeding birds 2018). Einst gewöhnliche Vögel wie Feldlerchen wurden in der Kulturlandschaft zur Seltenheit.

Globale Abnahme der Artenvielfalt

Der Living Planet Index (LPI) gibt Auskunft über den Zustand der biologischen Vielfalt auf der Erde. Dazu wurden Populationsdaten von verschiedenen Wirbeltierarten gesammelt und die durchschnittlichen Bestandsveränderungen innerhalb bestimmter Zeiträume ermittelt. VON 1970 BIS 2012 ZEIGT DER GLOBALE LIVING PLANET INDEX (LPI) EINEN GESAMTRÜCKGANG DER BESTÄNDE AN WIRBELTIERARTEN VON 58%. In 40 Jahren haben sich also die Wirbeltierpopulationen (Säugetiere, Fische, Vögel, Amphibien usw.) halbiert.

Viele Tierarten sind gefährdet und die Artenvielfalt nimmt ab: „The bad news, however, is that biodiversity is declining. Currently there are more than 91,520 species on The IUCN Red List, and more than 25,820 are threatened with extinction, including 41% of amphibians, 34% of conifers, 33% of reef building corals, 25% of mammals and 13% of birds.“

Die Artenvielfalt nimmt global ab und ist gefährdet:

  • 41% der Amphibienarten
  • 33% der riffbildenen Korallenarten
  • 25% der Säugetierarten
  • 13% der Vogelarten

Die Rote Liste der IUCN ist ein „Barometer des Lebens“. Über 25.000 Arten auf unserem Planeten sind vom Aussterben bedroht. Viele Arten sind gefährdet oder sterben aus und in Europa sieht es nicht besser aus.

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Südtirols Laubfrösche sterben aus, bekamen aber sehr viel Lebensraum

Rote Listen:

Rote Listen geben den Gefährdungsgrad und Ursachen der Gefährung von Arten an.

In Österreich sind von den Wirbeltieren 47 Arten, das sind 10% der Wirbeltiere, in der Kategorie vom Aussterben bedroht geführt, mit einer Aussterbenswahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten Jahre von über 50%. Laut Rote Liste der Schweiz in der Fassung von 1994 (wurde inzwischen für einige Tiergruppen überarbeitet) sind insgesamt 41% der Tierarten gefährdet (Kat. 0-3). Der Prozentsatz ist bei den Wirbeltieren höher als bei den Wirbellosen. Spitzenreiter sind die Amphibien und Reptilien, mit 95% bzw. 80% gefährdeten Arten, über deren Lebensweise, Verbreitung und Gefährdungsursachen wir recht gut Bescheid wissen. Trotzdem sind gerade Amphibien und Reptilien immer noch gefährdet und in Südtirol starben  Laubfrösche 2020 sogar aus, obwohl für Laubfrösche unzählige Teiche gebaut wurden.

Feuersalamander, gehört zu den Amphibien und seine Population nahm ab

Insgesamt sind 41 % der Tierarten Südtirols gefährdet oder potentiell gefährdet nach der Roten Liste Südtirols von 1994. Diese Gesamtliste wurde seit 1994 in Südtirol nicht aktualisiert. Staaten wie Österreich, die Schweiz oder Deutschland haben die Gesamtlisten hingegen immer wieder akualisert.

Gefährdungsursachen Tierarten Südtirol:

Auswertung der Gefährdungsursachen in Südtirol:

Nahezu die Hälfte aller Tierarten, die in der Roten Liste Südtirols aufscheinen, ist durch die Zerstörung der Lebensräume gefährdet.

Rund 40 % der in der Roten Liste aufgenommenen Arten werden durch die so genannte „Intensivbewirtschaftung“ (Monokulturen, Düngung, Entwässerung, Pestizide) verdrängt.

Fast ein Drittel der Tierarten der Rote Liste ist von der Einengung ihrer Lebensräume, durch Verbauung und Verkehrserschließung betroffen.

Ein Fünftel der Arten leidet unter Wasserverschmutzung, Ableitungen und wasserbaulichen Maßnahmen.

 

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Monokultur von Obstplantagen

Darüberhinaus ist die Artenvielfalt durch neue Arten gefährdet, welche heimische Arten verdrängen oder sogar Ökosysteme verändern. Invasive Neobiota sind eine Gefahr für die Biodiversität.

Erhaltungszustand geschützer Tierarten Italiens

Die FFH- Richtlinie verpflichtet die Mitgleidsstaaten der EU, den Erhaltungszustand von geschützten Arten zu bewerten. 570 Arten sind geschützt und werden alle 5 Jahre bewertet.

In Italien sind 54% der geschützen Arten in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand (Erhebungszeitraum 2013 bis 2018, veröffentlicht 2020).

  • Spitzenreiter sind die Fische: 80% der geschützten Fischarten sind in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand, viele auch mit negativen Trend, wie etwa Marmorierte Forellen. 39% schlecht und negativer Entwicklungstrend.
  • Säugetiere 20% der geschützten Säugetierarten sind in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand, um Luchs und Marsischen Braunbär steht es nicht gut.
  • Wirbellose 55% der geschützten Wirbellosenarten sind in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand
  • Amphibien 64% der geschützten Amphibienarten sind in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand
  • Reptilien 19% schlecht/ungünstig, 64% aber gut.
  • Fledermäuse 57%  der geschützten Fledermausarten sind in einem schlechten/ ungünstigen Erhaltungszustand

In ganz Italien gibt es 57.468 Tierarten (Checkliste Umweltministerium), und 4.777 (8,6%) Arten davon sind endemisch, es gibt sie also nur in Italien.

Artenvielfalt Südtirol

Nach Klaus Hellrigl ist davon auszugehen, dass es in Südtirol schätzungsweise 30.000 Tierarten gibt. Den Großteil machen Gliedertiere (Insekten, Spinnen usw.) aus und nur ein kleiner Teil sind Wirbeltiere. In Europa gehören nur 1,5 % der Tierearten zu den Wirbeltiere (Frösche, Reptilien, Vögel, Fische, Säugetiere). Von den Säugetieren sind die Fledermäuse die artenreichste Tiergruppe in Südtirol (ein Drittel der Arten) und es gibt weniger Vogel- als Schneckenarten in Südtirol. Schnecken gehören zu den Weichtieren und global sind Weichtiere eine der artenreichsten Tiergruppen.

Bodenmakrofauna: Regenwürmer (Lumbricide)
Bodenmakrofauna: Regenwürmer (Lumbricide)

Genaue Zahlen über in Südtirol vorkommende Tierarten lieferte Klaus Hellrigl: 14.700 Arten im Jahr 1996 (Hellrigl 1996), 15,500 Arten für 2003 (Hellrigl 2003). Alljährlich gibt es Neufunde für Südtirol, so wurden z.B. bei Untersuchungen der Bodenmakrofauna (Regenwürmer, Tausendfüßer, Käferlarven usw.) 22 Neufunde für Südtirol und 8 für ganz Italien ans Licht gebracht (E. Meyer et al, 2014) und die Artenzahl steigt damit ständig an durch die bessere Erforschung der Artenvielfalt.

Ein Biodiversitätsmonitoring wird in Südtirol durchgeführt und mit 1100 Tier- und Pflanzenarten soll die Hälfte der Südtiroler Fauna schon erfasst sein, schenkt man der Presseaussendung der Eurac und Medienberichten Glauben (https://www.stol.it/artikel/chronik/mehr-als-die-haelfte-der-suedtiroler-fauna-schon-erfasst). Das Biodiversitätsmonitoring untersucht nur einige Tiergruppen und mit 1100 Arten wurde nur ein Bruchteil der Artenvielfalt erfasst. Die Hälfte der für Südtirol dokumentierten Tierarten wurde sicher nicht erfasst.

Revitalisierung der Ilsterner Au: der letzte große Auwald es unteren Pustertales wurde weggebaggert biodiversitaet.bz.it/tag/ilstener-au/

Für den Schutz und Erhalt der Artenvielfalt Südtirols, wäre zuallererst der Erhalt wertvoller Lebensräume wie Auwälder notwendig. Diese fallen in Südtirol jedoch auch wasserbaulichen Veränderungen wie Revitalisierungen zum Opfer (http://biodiversitaet.bz.it/revitalisierung-wasserrahmenrichtlinie/).

Beiträge zu einigen Tiergruppen und Arten:

Schnecken

Weinbergschnecke (Helix pomatia)
Weinbergschnecke (Helix pomatia)

In Südtirol wurden 190 Arten von Schnecken nachgewiesen und speziell Windelschneckenarten wurden in einem Pilotprojekt 2008 untersucht. Vier Arten sind durch die FFH- Richtlinie Anhang II geschützt (Vertigo angustior, V. genessii, V. geyeri und V. moulinsiana) und Vertigo moulinsiana ist auf den ehemaligen Standorten im Etschtalboden (Nals, Terlan/Vilpian) nicht wieder gefunden worden und den Apelplantagen zum Opfer gefallen. Jedoch ist die Art bei Seen noch vorhanden und nicht ausgestorben.

Vertigo genesii, die Blanke Windelschnecke, ist nur 2mm groß und europäischer Endemit (Skandinavien, Alpen) und lebt in kalkreichen Seggensümpfen und Röhrichten. Ufer von Stehenden Gewässern sind wichtige Schneckenlebensräume, wobei beim Projekt Habitat Schlern für die Stillgewässer festgestellt wurde, dass  Badebetrieb und massiver Fischbesatz zu starken Beeinträchtigungen führen (Kiss Y, 2008).

Dohlenkrebse

Flusskrebse, genauer Dohlenkrebse, waren in den Gewässern Südtirols einst weit verbreitet.  Südtirol ist das Land, in dem die Häufigkeit von Dohlenkrebsen wahrscheinlich weltweit am meisten abgenommen hat. (http://biodiversitaet.bz.it/2017/05/30/dohlenkrebse-die-letzen-populationen/). Demgegenüber breitet sich der Luisianakrebs, eine invasive neue Art, in Südtirol weiter aus.

Kröten und Frösche

Erdkröte (Bufo bufo)
Erdkröte (Bufo bufo)

Leicht überschaubar ist die Artenzahl der Frösche und Kröten in Südtirol, jedoch sind fast alle Arten in Südtirol gefährdet. Durch den Verlust von Kleingewässern, Auwäldern und Fischbesatz in vielen kleineren Gewässern Südtirols fehlt es an Lebensräumen. Südtirols Laubfrösche starben aus, mehr zu  den Fröschen und Kröten. http://biodiversitaet.bz.it/2017/12/09/froesche/

Käfer

Käfer

4768 Arten von Käfern gibt es in Südtirol (Stand 2018). 427 Arten sind regional ausgestorben, die Biodiversität hat dramatisch abgenommen. Neuzugänge sind auch zu verzeichnen, darunter auch invasive Neobiota.

Schmetterlinge 

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Kaisermantel (Argynnis paphia), in Südtirol kaum gefährdet und nicht geschützt- 88 Arten von Schmetterlingen sind in Südtirol jedoch schon ausgestorben

Südtirol verfügt über eine sehr reiche Schmetterlingsfauna, jedoch sind viele Schmetterlingarten gefährdet oder schon ausgestorben. Der renomierte Schmetterlingsexperte Gerhard Tarmann hat in Südtirol wichtige wissenschafltiche Untersuchungen zu Schmetterlingen publiziert. Vor allem Pestizide aus der Landwirtschaft und Veränderungen der Bewirtschaftung haben zum Zusammenbruch von Schmetterlingpopulationen geführt. Die Lebensraumzerstörung betrifft ebenfalls Schmetterlingarten, Mehr zu Schmetterlingen auf http://biodiversitaet.bz.it/2017/12/01/schmetterlinge/

Heuschrecken

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Von den 83 Heuschreckenarten, welche in Südtirol etabliert sind, sind 61 %  ungefährdet und 36,4 % unterschiedlich stark gefährdet. 19 Arten (24,7 %) sind in den Gefährdungskategorien VU, EN oder CR. Sechs Arten, welche einst etabliert waren, sind heute ausgestorben oder verschollen. Hauptverantworlich für die Gefährdung ist die Intensivierung der Landwirtschaft, intensiv genutzte Graslandtypen nahmen an Fläche zu, während extensiv bewirtschaftete verschwanden.

Libellen

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1994 erschien eine erste Rote Liste der Libellen Südtirols, welche für Südtirol 54 Arten mit gesichertem Nachweis und 15 weitere Arten mit möglichem Vorkommen anführt. 2018 wurde eine neue Rote Liste erstellt. Isgesamt 60 Libellenarten sind angegeben, 45 davon – 16 Kleinlibellen und 29 Großlibellen – sind nach heutigem Kenntnisstand aktuell bodenständig.

Neun der behandelten Libellenarten gelten als regional ausgestorben oder verschollen (RE), darunter auch Arten, die ehemals recht verbreitet waren. Vier Arten sind  als vom Aussterben bedroht (CR) eingestuft, drei als stark gefährdet (EN), fünf als gefährdet (VU) sowie acht als potentiell gefährdet (NT). Weniger als die Hälfte der für Südtirol bekannten Arten, gelten als nicht gefährdet (LC). Besonders Arten der vitalen und dynamischen Auen, mit abwechslungsreichen Strömungsverhältnissen, Tümpeln usw. sind in den höchsten Gefährdungskategorien- Die als Renaturierung und Revitalisierung bezeichntetn Umbauarbeiten der Fließgewässer Südtirols haben bei Libellen offensichtlich keine Trendumkehr bewirkt.
Wildbienen
Auf vielleicht 500 Wildbienenarten wird die Artenvielfalt an Bienen in Südtirol geschätzt und über 400 wurden bereits nachgewiesen. Fast die Hälfte der in Südtirol vorkommenden Arten ist gefährdet.
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Steinhummel (Bombus lapidarius) sammelt Pollen auf Weisser Taubnessel (Lamium album)

Wildbienen sind oft hochspezialisierte Arten, die wie Schmetterlinge auf bestimmte Nahrungspflanzen angewiesen sind. Mehr zu Wildbienen auf http://biodiversitaet.bz.it/2020/05/09/wildbienen/

Vögel

Brutvogelarten Südtirols haben in den letzten Jahrzehnten abgenommen, etwa Waldvögel wie der Schwarzspecht (Bild unten) und vor allem Vögel in den landwirtschaftlich genutzten Landschaften, etwa der Stieglitz in Obstbaugebieten oder Feldlerchen in Wiesen. Als Brutvögel sind Arten der Wiesen und Äcker, wie der Kiebitz und das Rebhuhn nach 2000 in Südtirol ausgestorben.

In der Roten Liste der Vögel Südtirols aus dem Jahr 2020 werden diese zwei  Vogelarten als ausgestorben (RE) gelistet, drei Arten sind nach der Roten Liste der Vogelarten von 1994 ausgestorben. Der einst ausgerottete Bartgeier, welchem fälschlicherweise nachgesagt wurde, er würde Lämmer erbeuten (Lämmergeier), ist durch die geglückte Wiederansiedlung wieder heimisch. 143 Vogelarten wurden in der Roten Liste untersucht und nur 59 Arten (41%) sind nicht in ihrem Bestand gefährdet:

  • 2 Arten sind ausgestorben (RE)
  • 14 Arten vom Aussterben bedroht (CR)
  • 16 Arten stark gefährdet (EN)
  • 25 Arten gefährdet (VU)
  • 10 Arten potentiell gefährdet (NT)

17 Arten wurden keiner der Kategorien eingeordnet wegen mangelnder Datengrundlage (DD).

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Spechte bauen Höhlen in morschen Bäumen und diese Höhlen werden auch von vielen anderen Tierarten zur Fortpflanzung (z.B. Meisen, Wildbienennester) oder auch zum Schlafen (Siebenschläfer) genutzt. Die Tätigkeit des Spechtes ist daher wichtig für die Artenvielfalt im Wald. Auch die seltene Hohltaube ist auf Bruthöhlen zur Fortpflanzung angewiesen.

Einige Vogelarten spielen in den Ökosystemen eine besondere Rolle, wie etwa Eichelhäher und Tannenhäher, welche für die Waldverjüngung und Verbreitung von Baumarten über weite Distanzen wichtig sind, (mehr dazu auf: http://biodiversitaet.bz.it/2020/10/24/eichtelhaeher-und-tannenhaeher/). Hochwertige Lebensräume und wichtige Brutgebiete von Vögeln fallen in Südtirol auch der totalen und restlosen Lebensraumvernichtung zum Opfer, der Auwald in Brixen soll zubetoniert werden.

Für den Erhalt des Auwaldes in Brixen treten Menschen ein, die Umweltsschtuzgruppe Eisacktal nahm nicht teil. mehr zum Auwald in Brixen http://biodiversitaet.bz.it/tag/auwald-brixen-industriezone/

In diesem Auwald brüten etliche seltene, gefährdete und geschützte Vogelarten, wie etwa der Kleinspecht. Die Zerstörung solcher Lebensräume ist freilich nur die Spitze des Eisberges- die Abnahme von Populationen und das Aussterben von Vogelarten ist unübersehbar und unüberhörbar. Mehr zum Verlust der Artenvielfalt der Vögel in den Feuchtgebieten, Wiesen und Wäldern auf http://biodiversitaet.bz.it/2018/07/14/voegel/

Fische

Viele Fischarten in Südtirols sind gefährdet. Stark gefährdet ist die Marmorierte Forelle in Südtirol. Trotzdem wird die Marmorierte Forelle geangelt und von Menschen gegessen. Nur große Fische dürfen aus den Gewässern gefischt werden, welche jedoch für die Fortpflanzung wichtig sind. Genetisch reine Marmorierte Forellen sind in Südtirol bereits ausgestorben, da sich die heimische Marmorierte Forelle mit der nicht heimischen und eingesetzten Bachforelle verpaart und fortpflanzt. Das Projekt „TroutExaminvest“ brachte die dramatische Situation ans Tageslicht.

„Wir haben die Forellen in 20 Fließgewässern untersucht und keine Population gefunden, die von Zuchtformen unbeeinträchtigt geblieben wäre“

Dalla Via, Direktor des Versuchszentrums Laimburg 2007 bei der Vorstellung der Genanalysen von Forellen (Pressemitteilung Provinz Bozen 05.11.2007)

Mehr zu diesem Projekt auf der Suche nach autochthonen, heimischen und natürlich vorkommenden Forellen in Südtirol und Tirol auf TroutExamInvest. Autochthone Bachforellen Die Urforelle. – PDF Kostenfreier Download (docplayer.org)

Jahrzehntelang wird die Marmorierte Forelle in Südtirol nachgezüchtet und in Bäche gesetzt und trotzdem ist der Bestandstrend negativ. Die Marmorierte Forelle ist die einzige natürlich vorkommende Forellenart in den Fließgewässern Südtirols, doch die nicht heimischen Bachforellen vom Atlantischen Typ schwimmen in Südtirols Bächen. Die Bachforellen haben die Marmorierten Forellen in den Gewässern verdrängt. Die höchsten Bestände an Marmorierten Forellen finden sich noch im unteren Eisack- und einigen Etschabschnitten, in denen sich der Bestand im Durchschnitt aus gut einem Drittel Marmorierten Forellen und zwei Dritteln Hybriden und Bachforellen zusammensetzt (MarmoGen, 2017-2019).

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Etwa 35 Fischarten kommen in Südtirol vor und von diesen sind 16 keine heimischen Fische, sondern Exoten und vom Menschen eingebrachte Arten  (Buch „Fischen in Südtirol“, 2017, S. 84)Tatsächlich gibt es mehr Taxa (z.B. 2 Arten von Rotaugen http://biodiversitaet.bz.it/2019/02/15/liste-fischarten-suedtirol/).

Viele Arten bedeutet nicht, dass es um die Artenvielfalt gut bestellt ist. Der Fehlbesatz von Gewässern mit nicht heimischen Arten gefährdet die Biodiversität, mit Auswirkungen auf das Ökosystem und die Artenvielfalt.

Fischbesatz ist für den Niedergang der Fischbiodiversität wesentlich verantwortlich. Mehr dazu : http://biodiversitaet.bz.it/2017/11/29/fische/

Fischarten, wie die Marmorierte Forelle, geschützt durch FFH- Richtlinie, gehen einer düsteren Zukunft entgegen. Viele Bäche Südtirols werden seit Jahrzehnten für Fische „revitalisiert“, wie etwa die Talfer in Bozen und doch nahmen Marmorierte Forellen dort nicht zu, Bachforellen bevölkern nämlich die Talfer.

Säugetiere Carnivora/Raubtiere

Im Gegensatz zur Abnahme der Marmorierten Forellen, welche Raubfische sind und auch ihre eigenen Jungen erbeueten, nimmt der Wolf als eines der bekanntesten Raubtiere in Europa und Südtirol wieder zu. Forellen gehören in der Systematik freilich nicht zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora). Raubtiere sind eine systematische Ordnung innerhalb der Säugetiere und werden meist als große Beutegreifer bezeichnet.

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Wölfe ernähren sich von Hirschen, Rehen und Gämsen

Italien beherbergt zirka 9-10% des Bestandes von Wölfen Europas (ausgenommen Russland) und 17-18% der Wölfe der Europäischen Union.

La conservazione del lupo rappresenta una parte importante dello sforzo che deve essere messo in atto per mantenere la biodiversità ed assicurare la funzionalità degli ecosistemi presenti nel nostro Paese.

Italienisches Umweltministerium. 2. April 2019

Die Republik Italien und der Italienische Umweltminister Costa setzen auf eine umfassende Strategie zum Schutz von Wölfen und Weidetieren, welche potentielle Beute des Wolfes sein können. Über die Rückkehr des Wolfes in die Alpen und nach Südtirol findet sich mehr auf http://biodiversitaet.bz.it/wolf/

Wölfe wurden in Europa über Jahrhunderte verfolgt und in weiten Teilen Europas ausgerottet, ebenso wie Braunbären. Bären und Wölfe wurden unter Schutz gestellt und einige Bären wurden im Trentino in die dortige Population eingesetzt. Über die erfolgreiche Erhaltung der letzten Braunbärenpopulation in den Alpen Italiens findet sich mehr auf http://biodiversitaet.bz.it/2017/02/24/baeren-in-suedtirol/

Einige Karnivore (Fleischfresser) wurden über Jahrhunerte bejagt und ausgerottet. In Südtirol ausgestorben sind auch die beiden heimischen Vertreter der Katzen, nämlich der Luchs und die Wildkatze. Die Wildkatze breitet sich heute wieder aus (Nordtirol und Trentino sicherer Nachweis), und auch mit der Rückkehr des Luchses ist langfristig zu rechnen.

Neu ist in Südtirol der Goldschakal, welcher sein Hauptverbreitungsgebiet in Europa auf dem Balkan hat. Er gehört zur selben Gattung wie der Wolf (Canis- Hunde). Das Beutespektrum des Goldschakals und das Sozialverhalten ähnelt mehr dem des Fuchses als dem Wolf. Fleischfressern wie Füchsen und Wölfen kommt eine besondere Bedeutung bei der Regulierung von Wildtierbeständen zu. Füchse jagen vor allem Mäuse und regulieren damit die Mauspopulationen. Neu ist auch der Marderhund, diese ursprünglich nur in Nordostasien vorkommende Art wurde im europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion angesiedelt und breitet sich immer weiter aus.

Zur Ordnung der Raubtiere Südtirols gehören außerdem:

  • Rotfuchs (Vulpes vulpes)
  • Dachs (Meles meles)
  • Hermelin (Mustela erminea)
  • Mauswiesel (Mustela nivalis)
  • Iltis (Mustela putorius)
  • Fischotter (Lutra lutra)
  • Baummarder (Martes martes)
  • Steimarder (Martes foina)

Der Fischotter lebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch zahlreich an Rienz, Eisack, Etsch und Kalterer See (V. Gredler). Der Fischotter ist in Südtirol wie fast überall in Europa ebenfalls ausgestorben (durch Jagd und Chemikalien im Wasser), wobei wieder einzelne Exemplare seit 2008 nach Südtirol zurückkehrten. Fischotter werden wie fischfressende Vögel oft von Fischern angefeindet (https://www.stol.it/artikel/chronik/droht-suedtirol-eine-invasion-der-fischotter). Der Niedergang der heimischen Fischarten durch Fehlbesatz und die Verschlechterung des ökologischen Zustands der Gewässer durch Fehlbesatz wird weitgehend ignoriert. Von einer Invasion von Fischottern kann in Südtirol Jahre später sicher keine Rede sein. Die Zahl der Fischotter nahm in ganz Italien in den letzten Jahren zu, 2010 waren es ca 220 bis 260 und 2010 waren es ca 700. Der Erhaltungszustand der Art ist schlecht.

Invasive Neobiota ( Neobiota= Neue Arten) sind eine Gefahr für die Biodiversität und Fischotter können nicht invasvie Neobiota sein. Mehr zu invasiven Neobiota auf http://biodiversitaet.bz.it/invasive-neobiota/

Bestandsentwicklung jagbarer Arten

Für den Alpensteinbock wurden erfolgreiche Wiederansiedlungen im Alpenraum durchgeführt, nachdem die letzten Exemplare nur beim Gran Paradiso in den Westalpen überlebt hatten. Die Art wurde 1821 von den Königen von Savoyen unter Schutz gestellt und vor dem Aussterben bewahrt. Wie einige andere Säugetierarten hat sich die Art positiv im Besand entwickelt und ist in Südtirol wieder heimisch, nachdem sie ausgerottet worden war.

Einige Vogelarten und Säugetiere werden in Südtirol gejagt, wobei sich die Zahl der Jäger in den Jahren 1943 bis 1965 nach dem zweiten Weltkrieg vervielfacht hat. Viele jagbare Arten wurden seit dem Zweiten Weltkrieg immer seltener und dürfen heute nicht mehr bejagt werden, wie z.B. Dachs oder Auerhuhn. Andere Arten, wie die Amsel, werden jedoch in großen Zahlen abgeschossen und auch für die letzten gefährdeten Schneehühner werden Abschusspläne erstellt. „Direkte Nachstellungen (Bejagung, Bekämpfung) bilden die mit weitem Abstand stärkste Form von Störungen“ erklärte der bekannte Naturexperte Prof. Dr. Josef H. Reichholf. Störungen wirken sich insbesondere auf Vögel negativ aus. Sogar geringe Störungen während der Territorienbildung ohne Lebensraumveränderung haben einen negativen Effekt auf die Brutvogeldichte und den Artenreichtum. Untersuchungen in der Schweiz ergaben eine Abnahme der Brutvogeldichte und des Artenreichtums jeweils um 15% bei geringer Störung im Wald (Y. Bötsch et al, 2017).

 

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Amselmännchen füttert Amseljunges, Amseln werden in Südtirol von Menschen gegessen- 3000 Tiere jährlich (Publikation „Landschaft im Visier“)

Die Publikation „Landschaft im Visier, ein Überblick über die historische Entwicklung der jagdbaren Tierarten in Südtirol“, veröffentlicht 2019 von der Eurac Bozen gibt Auskunft über die Entwicklungstrends jagdbarer Tierarten Südtirols in den letzten 150 Jahren:

Ahnahme:

  • Feldhase
  • Dachs
  • Waldschnepfe

starke Abnahme:

  • Elster
  • Auerhuhn,
  • Haselhuhn
  • Steinhuhn
  • Fasan
  • Rebhuhn
  • Wachtel
  • Rabenkrähe
  • Ringeltaube
  • Blässhuhn

Zunahme:

  • Amsel
  • Wildenten

starke Zunahme:

  • Gämse
  • Reh
  • Rothirsch
  • Wildschwein
  • Fuchs
Wildschweine (Sus scrofa)
Wildschweine (Sus scrofa)

Wird das Wildschwein als stark zunehmend eingestuft, so darf nicht vergessen werden, dass im Jahr 1666 Kaiser Leopold I. den Befehl gab, Wildschweine bis auf den Samen abzuschießen. Das Wildschwein kam bis ins Mittelalter im Etschtal und im Überetsch häufig vor. Die Eichenwälder, Buchenwälder und Auwälder boten Wildschweinen einen idealen Lebensraum. Im Etschtal und in Überetsch waren Wildschweine häufig. Der letzte Eber soll 1700 bei Kaltern erlegt worden sein. Heute wandern immer wieder Wildschweine aus benachbarten Gebieten ein, werden aber in Südtirol abgeschossen. Es gibt keine eigentständige Wildschweinpopulation in Südtirol, auch wenn das Wildschwein als stark zunehmend aufscheint. Viele Säugetierarten wie Wildschwein, Biber, Marderarten und große Beutegreifer (Bär, Wolf, Luchs) wurden über Jahrhunderte gejagt und Arten starben dadurch aus.

Igel (Erinaceus europaeus), eine der wenigen Säugetierarten, die nicht bejagdt wurden
Igel (Erinaceus europaeus), eine der wenigen Säugetierarten, die nicht bejagt wurden

Das Reh war im Mittelalter sehr selten, der Wolf hingegen überall in Südtirol anzustreffen. Rehe finden in historischen Dokumenten nur selten Erwähnung. Hirsche hingegen waren häufig, sie wurden jedoch bis 1830 im Pustertal und im mittleren Eisacktal ausgerottet. Im Lüsental gab es noch einige Hirsche und vor allem im Vinschgau. Der Nationalpark Stilfer Joch wurde in erster Linie für die Rothirsche eingerichtet. Erst seit 1950 hat sich der Rothirsch wieder ausgebreitet und lebt heute wieder in den Wäldern Südtirol.

Bis ins Mittelalter gab es auch Biber an und in den Fließgewässern Südtirols und der letzte Biber Südtirols soll nämlich 1594 bei Obervierschach getötet worden sein. Der Biber wurde in Südtirol wie in Italien ausgerottet und war in Südtirol über 400 Jahre verschwunden. In Mitteleuropa überlebten einige Biber etwa an der Elbe in Deutschland und durch die Unterschutzstellung und durch Ansiedlungen breitet sich der Biber heute wieder aus und 2020 wurde der erste Biber wieder in Südtirol gesichtet. Die Rückkehr des Bibers ist nicht nur für die Artenvielfalt, sondern auch für Gewässerökosysteme von Bedeutung, da er in der Lage ist, Feuchtgebiete zu schaffen und Flächen zu renaturieren (mehr dazu auf http://biodiversitaet.bz.it/2020/11/13/auf-den-weg-der-besserung-biber-in-unseren-baechen/).

Besonders Tiere der Feuchtgebiete (Amphibien, Wasserinsekten, Wasservogelarten, Fischotter, Biber, Fischarten usw.) sind durch Trockenlegung von Feuchtgebieten, Hochwasserschutzbauten und die Verschmutzung der Gewässer stark zurückgegangen. Trotz der Renaturierung und Revitalisierung von Gewässern steht es um die Fauna der Feuchtlebensräume (Libellen, Fische, Amphibien usw.) in Südtirol schlecht. Jedoch darf auf Arten wie Biber und Fischotter gehofft werden, sie breiten ihr Verbreitungsareal wieder aus.

Damit die Artenvielfalt erhalten bleibt, müssen zuallerst die Lebensräume der Arten erhalten bleiben und die Ökosysteme vor negativen Einflüssen geschützt werden. Mehr zu den Lebensräumen und zur Funktionalität der Ökosysteme

http://biodiversitaet.bz.it/baeche-und-seen/

http://biodiversitaet.bz.it/wiesen/

http://biodiversitaet.bz.it/waelder/

http://biodiversitaet.bz.it/alpine-landschaft/