(Titelbild: „Grasacker“- Eine artenarme Wiese mit Wiesenfuchsschwanz)
Die Art und Weise der Bewirtschaftung wirkt sich auf die Artenzusammensetzung und damit den ökologischen Wert einer Wiese aus. Die Vegetation bildet die Grundlage für Tierarten, welche in einer Wiese einen Lebensraum finden, von Insekten bis Wirbeltieren. Durch die Intensivierung der Nutzung (z.B. übermäßige Düngung, Bewässerung, frühzeitige Mahd usw.) dominiert verarmtes Grünland die Landschaft. In Südtirol sind die artenreichen Wiesengesellschaften aus der Landschaft weitgehend verschwunden und bunte Blumenwiesen mit ihrer Artenvielfalt eine Seltenheit.
Die nachfolgende Serie von Wiesenbildern folgt ungefähr der Darstellung der Intensivierung wie in der Fachliteratur beschrieben.
Beispiel: gedüngte Frischwiesen (Ordnung Arrenatheretalia) der Tallagen
Glatthaferwiesen (Gesellschaft Arrhenateretum) sind Fettwiesen, welche hochwertiges Futter für die Milchkuhhaltung liefern.
Das Bild zeigt eine Glatthaferwiese auf warmen, trockenen Boden im Ultental. Glatthaferwiesen sind Fettwiesen und vermitteln das klassische Bild einer bunten Blumenwiese.
Vor der Mahd sticht der Wiesensalbei (Salvia pratensis) hervor, dessen blaue Blüten den Ton angeben. Daneben fällt der gelb blühende Wiesenpippau (Crepis biennis) und die blassviolett blühende Ackerwitwenblume (Knautia arvensis) ins Auge. Neben diesen Arten leben in der Wiese noch ca. 25 andere Arten von Wiesenpflanzen und Insekten besuchen die verschiedenen Blüten. Diese artenreiche Glatthaferwiese bietet vielen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum und trägt zur Biodiversität in der Landschaft bei.
Die Glatthaferwiese ist der vorherrschende Wiesentyp der traditionellen Mähwiesen in den Tälern und niederen Lagen (bis ca 1100m).
Heute sind Glatthaferwiesen stark veränderte und gefährdete Pflanzengemeinschaften und Lebensräume, die durch Überdüngung oftmals bis zur Unkenntlichkeit nitrifiziert werden.
Eine Glatthaferwiese mit einem Anteil von mehr als 30% Leguminosen (Schmetterlingsblütler) braucht keine Düngung, da Schmetterlingsblütler den Stickstoff aus der Luft in den Boden binden und damit die Stickstoffdüngung übernehmen.
Im Bild oben ist eine Glatthaferwiese (in unmittelbarer Nähe der im oberen Bild festgehaltenen Wiese) zu sehen, in welcher vor der Heumahd der Sauerampfer und Löwenzahn die Wiese dominieren. Der Sauerampfer ist ein Sticksoffzeiger (Nitrophyt) und zeigt an, dass die Wiese zu viele Nährstoffe enthält. Auch der Löwenzahn ist ein Nitrophyt. Diese Wiese wird im Frühjahraspekt vom kräftigen Gelb des Löwenzahns beherrscht und vor der Heumahd vom Grün des Sauerampfers. Die Heuqualität der Wiese ist minderwertig, die Artenvielfalt gering.
Die ehemalige Glatthaferwiese im Bild oben wird vom weiß blühenden Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris) und dem gelb blühenden Kriechenden Hahnenfuß (Ranunculus repens) dominiert. Es ist eine verarmte Wiese, die zu früh (vor Blütenbildung der Wiesenblumen) und zu oft gemät wurde.
Der dominierende Wiesenkerbel und der Hahnenfuß schmälern auch den Futterwert der Wiese, die Qualität des Heus ist wesentlich schlechter, als jene der artenreichen Glatthaferwiese. Die Wiese im Bild oben wird häufig gemäht, es ist eine Mehrschnittwiese. Der Wiesenkerbel zeigt an, dass die Wiese mit Gülle oder Jauche überdüngt wurde.
Im Bild oben sieht man eine Wiese im Ahrntal, in der keine Wiesenblumen mehr vorhanden sind. Es ist eine Mehrschnittwiese. Die erhöhte Mahdfrequenz und die verstärkte Stickstoffdüngung führen zum Verschwinden der typischen Wiesenblumen. Die Wiese ist aber nicht überdüngt, wie jene mit dem Wiesenkerbel. Auf eine solche artenarme, von einer Grasart dominierten Fläche, trifft der Begriff Wiese nicht mehr zu, der Begriff Grasacker beschreibt die Struktur und Funktion treffender. Der Wiesen- Fuchsschwanz ist das vorherrschende Gras der Wiese. Unersuchungen ergaben für solche Wiesen eine sehr geringe Artenzahl von durchschnittlich nur 14,3.
Auch bei der Extensivierung der Nutzung, würde sich eine artenarme, überdüngte Wiese mit Wiesenkerbel nicht wieder in eine artenreiche Wiese verwandeln. Arten wie Knautia arvensis bilden verhältnismäßig wenig Samen aus und werden auch nicht weit getragen. Seltenere Wiesenpflanzenarten (z.B. Rote Liste Arten) fehlen heute ebenfalls in der Landschaft weitgehend und oft auch im weiten Umkreis. So kann es zu keiner Wiederbesiedlung der Fläche kommen. „Viele bezeichnende Arten der buntblumigen Wiesen bauen zudem nur geringe Diasporenmengen auf; das erschwert die Erfolge von Extensivierungsmaßnahmen im Wirtschaftsgrünland„, Richard Pott, Pflanzengesellschaften Deutschlands, 1995. Darüberhinaus gibt es auch invasive Neophyten unter den Wiesenpflanzen, zB. das Gras Bromus inerims oder auch Aremisia verlotiorum, wobei letztere in landwirtschaftlich genutzte Flächen der niederen Lagen Südtirols häufig eindringt.
Der Erhalt bestehender artenreicher und naturnaher Wiesen muss deshalb an oberster Stelle stehen.
Die Grünlandwirtschaft ist durch die Intensivierung der Produktion für den Verlust an naturnahen traditionellen Blumenwiesen verantwortlich. Durch den Zukauf von Futtermitteln, Kunstdünger usw. wurde die Anzahl der Großvieheinheiten pro Hektar erhöht. Dadurch fällt mehr Dünger in Form von Kuhmist, Gülle und Jauche an, welche auf die Wiesen gebracht werden. Arten- und Lebensraumverlust ist die Folge. Artenarme Wiesen und Grasäcker zeichnen sich nicht durch Biodiversität aus. Solche Wiesen sind ökologisch defizitäre Flächen und im Sinne der Biodiversitätskonvention sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Biodiversität zu fördern. Dies bedeutet zuallererst die letzten wertvollen Wiesenlebensräume zu erhalten.
Südtirols Lärchenwiesen sind artenreiche Lebensräume. Da die traditionelle Nutzung auch dort vielfach nicht beibehalten wurde sind viele Lärchenwiesen verloren gegangen. Die Wiesen wurden oft auch planiert. Damit einher ging der Verlust der Artenvielfalt in der Lärchenwiese und ehemals artenreiche Lärchenwiesen wurden zu artenarmen Wirtschaftsgrünland.
Zahlreiche Untersuchungen in Südtirol beschäftigen sich mit der Biodiversität der Wiesenvegetation, „Traditionell bewirtschaftete Wiesen sind in den letzten Jahrzehnten aufgrund der Intensivierung der Gunstlagen und dem Brachfallen der Grenzertragslagen selten geworden (z. B. TASSER & TAPPEINER 2002, OPPERMANN & GUJER 2003, BÄTZING 2005, NIEDRIST et al. 2009a).
Gegenüber der modernen Grünlandwirtschaft steht die traditionelle Landwirtschaft, in der die Futtermittel von den eigenen Flächen stammen bzw. stammten. Die hofeigenen Wiesen dienen als Lieferant für das Hauptfuttermittel, die geringen Mengen Kraftfuttermittel kamen von den hofeigenen Äckern. Die Biologische Landwirtschaft baut auf diesen Prinzipien auf, im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft mit einem enormen Ressourcenverbrauch.
Die traditionelle Bewirtschaftung des Grünlandes ist gekennzeichnet vom geschlossenen Stoffkreislauf und Nachhaltigkeit. Die Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft mit Zukauf und Importen von Futtermitteln (z.B. in der Mastscheinproduktion, Milchkuhhaltung, Mastviehhaltung usw.) hat in der Landwirtschaft die einstige Subsistenzwirtschaft mit geschlossenen Stoffkreisläufen und artenreichen Wiesenlebenräumen abgelöst. Der Artenreichtum der einstigen Kulturlandschaft lässt sich heute nur noch erahnen.
Zerstörung und Flächenverluste natürlicher und naturnaher Lebensräume:
Neben der Intensivierung der Bewirtschaftung, welche zum Verlust an artenreichen Wiesen führte, kam es zum Verlust von artenreichen naturnahen Wiesenlebensräumen durch die Förderung von Entwässerungen (Verlust von Niedermooren, Feuchtwiesen usw.) , Bewässerungen (Verlust von Magerwiesen), Planierung (Totale Zerstörung von Wiesen) usw. Wertvolle Wiesen, wie Buckelwiesen, Feuchtwiesen, Halbtrockenrasen und Magerwiesen gingen verloren und wurden in artenarme Wiesen oder Grasäcker überführt.
Die intensive Nutzung und Düngung von Wiesen mit Gülle und nicht mit abgelagerten Stallmist, wie in der traditionellen Landwirtschaft, ist in Südtirol weit verbreitet. Während die direkte Zerstörung der naturnahen Wiesenlebensräume einen Wiesenlebensraum innhalb kürzester Zeit vollkommen verändert und die über Jahrhunderte entstandenen Wiesen in kurzer Zeit verschwinden, vollzieht sich der Biodiverstitätsverlust durch die Übernutzung bzw. Nutzungsintensivierung langsamer. Jahrlang veränderte Bewirtschaftung, mit mehr Dünger, früherer Mahd usw. führt zum Biodiversitätsverlust in den Wiesen, zum Verschwinden der Wiesenblumenvielfalt und der Insektenvielfalt in den Wiesen. Stinkende Gülle- und Mistteppiche auf Wiesen sind sichere Indizien für den Biodiversitätsverlust auf den Wiesen.
Bild: Mit Gülle nach der Heumahd gedüngte Wiese in Deutschnofen. Bei der Wiese handelt es sich um eine von Wiesenkerbel beherrschte überdüngte Wiese, wodurch die Wiese nur minderwertiges Futter liefert.
Mit Gülle gedüngte Wiesen riechen nicht nach Blumen oder Heu. Der üble Geruch verschwindet zwar mit der Zeit, die mit Gülle gedüngte Wiese ist aber gerade für einheimische Wanderer oder Touristen ein Ort, von dem sie sich angeekelt abwenden. Auch in Natura 2000 Südtiols wird mit Gülle gedüngt. Die Überdüngung von Wiesen und die Düngung artenreicher Wiesen mit Gülle gefährdet die Biodiversität auf allen Ebenen, von der Artenvielfalt der Wiese selbst bis hin zu anderen Ökosystemen wie Gewässer, in welche Nährstoffe eingetragen werden.
Ebenso gefährdet die Überweidung die Biodiversität und auf vielen Almen und Weiden in Südtirol weiden zu viele Tiere (sogar geschützte Trockenrasen im Vinschgau wurden überweidet).
Die Intensivierung der Landwirtschaft und die negativen Folgen für die Biodiversität hat auch vor Natura 2000 und anderen Schutzgebieten nicht Halt gemacht. Natura 2000 ist ein europäisches Schutzgebietsnetzwerk mit dem Ziel, den sowohl von der Europäischen Union als auch von den Mitgliedstaaten in der Konvention über biologische Vielfalt (CBD, Rio 1992) beschlossenen Schutz der Lebensäuräume und Biodiversität umzusetzen. Es muss jedes Land in der EU dieser Verpflichtung nachkommen. Das rechtliche Instrumentarium dazu bilden die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) und die Vogelschutzrichtlinie. Dieser gesetzliche und gesellschaftliche Auftrag ist auch für die Umsetzung der Biodiversitätstrategie von zentraler Bedeutung.
Einige durch die FFH- Richtlinie geschütze Lebensräume der Wiesen und Wiesentypen, diefür die Biodiversität erhalten warden müssen, finden sind auf http://biodiversitaet.bz.it/wiesen/
mehr zu Überweidung Almen http://biodiversitaet.bz.it/alpine-landschaft/