Wildbienen

Titelbild: domestizierte Wildbiene, die Honigbiene

Wildbienen sind weltweit verbreitet und eine artenreiche Insektenfamilie. Bisher wurden weltweit über 17.000 Arten beschrieben. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass es zwischen 20.000 und 30.000 Wildbienenarten gibt.

Von den rund 6000 Wildbienenarten Europas sind 9 % im Bestand gefährdet
und 5 % sind als potenziell gefährdet eingestuft. 20% der Wildbienenarten Europas sind endemische Arten, es gibt diese Arten also nur in Europa. Die Rote Liste Europas wurde 2015 veröffentlicht.

Die Entwicklungstendenzen einiger Wildbienenbestände in Europa sehen wie folgt aus: Bei mindestens 150 Bienenarten sinkt die Populationszahl und bei 244 ist sie relativ stabil. Für 80% der Arten fehlen Daten zur Populationsentwicklung.

Am meisten Wildbienenarten kommen in Europa in den Ländern des Mittelmeerraumes vor, Spanien, Italien und Griechenland haben sehr viele Wildbienenarten.  

In Deutschland wurden 561 Wildbienenarten nachgewiesen, in der Schweiz 617 und in Österreich 690. Von den 561 Wildbienenarten in der Roten Liste Deutschlands (2011) sind nur 207 Arten ungefährdet.

  • Ausgestorben oder verschollen: 7%
  • vom Aussterben bedroht: 5,6%
  • stark gefährdet 14%
  • gefährdet: 15,3%

Durch das Vorkommen von mediterranen Arten ist die Artenzahl in Italien deutlich höher, es wurden 944 Arten nachgewiesen (Stand 2003), Eine umfassende Rote Liste der Wildbienen Italiens gibt es nicht (Infos Wildbienen Italien: http://www.apiselvatiche.it/) und nur einige wenige Arten (151 Arten) wurden in der Roten Liste Italiens von 2018 bewertet und 34 davon sind gefährdet: 5 Arten vom Aussterben bedroht oder ausgestorben (CR), 2 Arten vom Aussterben bedroht (CR), 10 stark gefährdet (EN) und 4 gefährdet (VU) und 13 potentiell gefährdet (NT). 

Für Südtirol wird die Anzahl der Wildbienenarten auf bis zu 500 geschätzt, Hellrigl wies 427 Arten im Jahr 2003 nach, darunter auch einige Arten zum ersten Mal.

Die Zerstörung und Veränderung der Lebensräume ist für den Rückgang der Arten in Südtirol verantwortlich, Trockenrasen  und Ruderalfluren (http://biodiversitaet.bz.it/tag/ruderalvegetation/) verschwanden, die landwirtschaftliche Nutzung wurde intensiviert (Überdünung, Überwässerung) und die Flora und Nahrungsgrundlage der Wildbienen verschwand (Hellrigl 1994). 

 

Lebensräume der Wildbienen:

Wildbienen kommen in unterschiedlichen Lebensräum vor, einige Lebenräume mit besonderer Naturschutzrelevanz:

  • Binnen- und Küstendünen sowie Flugsandfelder
  • Magerwiesen und Trockenrasen trockenwarmer Standorte
  • Felsfluren
  • Sand- und Bergheiden
  • Röhrichte und Schilfbestände
  • Streuwiesen und Feuchtwiesen
  • Weichholz- und Hartholzauen
  • Macchie und Garigue im Mittelmeerraum

So verschieden und vielfältig die Wildbienen sind, so unterschiedlich sind ihre Lebensräume. Jeder Lebensraum einer einer einzelnen Wildbienenart muß folgende Bedingungen erfüllen, damit Populationen von Wildbienen dort leben können:

  •  der artspezifische Nistplatz muss vorhanden sein 
  • Nahrungspflanzen müssen in ausreichender Menge wachsen 
  • für den Ausbau der Brutzellen erforderliche Baumaterial muss zur Verfügung stehen

Untersuchungen zur Wildbienenfauna in den Dolomiten Südtirols im Schlerngebiet (Habiat Schlern, Knopf 2008) ergaben die höchsten Artenzahlen auf einer ehemaligen Waldbrandfläche im Kiefernwald (Gemeinde Tiers) mit über 80 Arten, gefolgt von einer Lärchenwiese (Gemeinde Tiers), die beweidet wird und ein kleines Hangmoor behergergt, mit über 70 Arten und einer Mähwiese mit Magerwiesen und Straßenböschung (Gemeinde Tiers) mit 60 Arten.  Der lichte Charakter des abgebrannten Kiefernwaldes „ermöglicht ein ausreichend hohes Blütenangebot, insesondere an Schmetterlingsblütlern, wodurch der Standort nicht nur als Nist- sondern gleichzeitig als als Nahrungshabitat fungieren kann“, T. Knopf 2008.

In strukturreichen Agrarlandschaften Mitteleuropas, z.B. Ackerbaugebieten mit Hecken und artenreichen Ackerrandstreifen, in Weinbaugebieten mit Trockensteinmauern und naturnahen Landschaftselementen oder Wiesenlandschaften mit Feldgehölzen und auch in naturnahen Gärten finden Wildbienen einen Lebensraum und erbringen Leistungen, sie bestäuben Pflanzen. Hummeln und Mauerbienen fliegen bei geringeren Temperaturen als Honigbienen aus und sind damit effizientere Bestäuber von im Frühjahr blühdenden Obstbäumen als Honigbienen.

Wildbienen sind häufig hochspezialisierte Tierarten, wie die Zweifarbige Mauerbiene. Sie benötigen Schneckenhäuser der Weinbergschnecke als Nistplatz. Nur dort, wo es Weinbergschnecken und leere Schneckenhäuser gibt, kann die Zweifarbige Mauerbiene leben.

Viele Wildbienen brauchen zur Forpflanzung Lehmwände oder Lehm, sie bauen Röhren in Lehmwänden, verschließen mit Lehm die Brutröhren oder bauen mit Lehm eigene Behausungen für die Larven.

Etwa ¾ der im deutschsprachigen Raum vorkommenden Wildbienenarten bauen ihre Nester im Boden, Magerwiesen und Trockenrasen mit ihrer lückigen Vegetation bieten Wildbienen dadurch einen Nistplatz, eine Fettwiese oder ein “Grasacker” jedoch nicht. Dort steht die Vegetation viel zu eng, als dass erdbewohnende Bienen dort Nester anlegen könnten. Blüten der Fettwiesenpflanzen sind als Nahrung für die Wildbienen bedeutend. Fettwiesen mit Hecken oder Trockenmauern können daher Lebensraum von Wildbienen sein.

Große Holzbiene auf Blasenstrauch

Neben den Erdnestern werden Totholz, morsches Holz und dürre Pflanzen als Nistplatz von vielen Arten genutzt. Wälder oder Hecken mit Totholz und anderem absgestorbenen Pflanzen bieten vielen Bienenarten einen Lebensraum. Alle Bienenarten sind bei der Wahl ihrer Nistplätze mehr oder weniger hoch spezialisiert. Das Vorhandensein, die Menge und die Qualität von artspezifischen Nistplätzen sind somit ein entscheidender Faktor für die Verbreitung einer Bienenart. Bei den Nahrungspflanzen und dem Baumaterial haben die meisten Bienen sehr spezifische Ansprüche. Sie reagieren sensibel auf Veränderungen ihrer Lebensräume und eignen sich somit hervorragend als Bioindikatoren. Sie zeigen an, inwieweit die Ökosysteme intakt oder degradiert sind. Die Degradierung von Lebensräumen durch Stoffeinträge wie Pestiziden belastet Wildbienenlebensräume und gefährdet die Artenvielfalt. Auch die Bestäubung und Samenbildung von Pflanzen geht durch das Fehlen von Bestäubern zurück, ohne Bestäuber gibt es auch keine Vermehrung von Pflanzenarten, die auf Insekten als Bestäuber angewiesen sind.

Wildbienen sammeln Pollen und Nektar von Blütenpflanzen. Unweit des Nistpatzes muss es Nahrungspflanzen geben, wobei einige Hummelarten auch Strecken bis 2,5 km von ihrem Nistplatz zum Nahrungsplatz zurücklegen. Der Nekar und der Pollen dient der Ernährung der Wildbienen und der Aufzucht des Nachwuchses. Die aus den Eier schlüpfenden Larven ernähren sich davon.

Einige Arten zeigen eine sehr starke Präferenz für bestimmte Pflanzen und Lebensräume, wie die Eisenhut- Hummel (Bombus gerstaeckeri). Da diese Art an den Eisenhut (Aconitum sp.) gebunden ist und diese überwiegend in den Hochstaudenfluren vorkommt, liegt auch der Verbreitungsschwerpunkt dieser Art in den Hochstaudenfluren. Auch in Schluchtwäldern (Laubwäldern) mit Wolfs-Eisenhut kann die Art in niederen Lagen vorkommen, meist jedoch häufiger in subalpinen Hochstaudenfluren mit dem Blauen Eisenhut, der nicht selten ist.

In trocken- warmen Lebensräumen des Mittelmeerraums gibt es viel mehr Wildbienenarten als in Mitteleuropa. Es gibt aber auch einige Arten, die nur im Hochgebirge und in kühleren Gebieten vorkommen, wie die Trughummel (Bombus mendax). Sie zählt zu den wenigen Hochgebirgsarten und kommt dementsprechend auf alpinen Rasen und hochstaudenreichen Almweiden vor.

Viele Bienenarten suchen immer wieder dieselben Pflanzenarten beim Pollensammeln auf. Beim Nektarerwerb zeigen sie meist eine wesentlich breitere Palette an besuchten Pflanzenarten. Die Begriffe »monolektisch«, »oligolektisch« und »polylektisch« beziehen sich auf dieses Pollenversammelverhalten. Monolektische Arten sammeln nur Pollen einer Pflanzenart, oligolektische Arten nur von weinigen und polylektische von vielen verschiedenen Pflanzenarten.

Polylektisch sind etwa Honigbienen, sie sammeln an vielen verschiedenen Pflanzen Pollen. Monolekitsche Arten sind etwa die Natterkopf-Mauerbiene (Osmia adunca), Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea). Schenkelbienen, nämlich Macropis europaea und Macropis fulvipes, sammeln Pollen (und auch Blütenöl) nur am Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) einer charkteristischen Art der Röhrichte. Die Namen der Bienen verraten, welche Pflanzen sie zum Pollensammeln ansteuern.

Lippenblütler und speziell die Weiße Taubnessel werden von verschiedenen Wildbienenarten aufgesucht

Wildbienen und das landwirtschaftliche Nutztier Honigbiene gehören zoologisch zur Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) und zur Familie der Bienen (Apidae). Die in Staaten lebende Honigbiete ist jedoch die Ausnahme, die meisten Bienenarten leben nicht in Staaten, sondern allein/ solitär. Bei Wildbienen treten große Unterschiede im Sozialverhalten auf, die meisten Arten leben solitär, manche sozial in Staaten und wieder andere parasitisch.

Die großen Staaten der Honigbiene sind die Ausnahme

Parasitische Arten sind auf einen Wirt angewiesen und werden Wirte weniger oder sterben sie aus, so nehmen auch die parasitischen Arten ab oder sterben aus. Der Begriff Parasit klingt vielleicht negativ, doch der Parasitismus ist nur eine Lebensstrategie. Eine Art ist dabei vollkommen an eine andere gebunden und abhängig. Gibt ein Parasit dem Wirt etwas zurück, so würde er als Symbiont bezeichnet. Wie Symbioten leben Parasiten in Abhängigkeit voneinander. Bei Wildbienen gibt es verschiedene Formen des Parasitismus, viele Arten bauen keine Nester und versorgen keine Larven, „Kuckucksbienen“ legen ihre Eier in die Nester anderer Bienen. Sandbienen werden von Fächerbienen parasitiert, welche Larven (nicht Eier) in die Larven der Sandbienen einbringen, die Sandbienenlarve stirbt und die Fächerbiene schlüpft aus der Larve. Nützlinge in der Landwirtschaft, wie Schlupfwespen, leben ebenfalls parastisch und mit dem Parasitismus wird biodiverstätsgebundener Pflanzenschutz betrieben.

Südtirols Wildbienenvielfalt:

Klaus Hellrigl listete für Südtriol 428 Arten auf, darunter 37 erstmals in Südtirol. Er rechnet mit bis zu 500 Wildbienenarten in Südtirol.

Folgende Gattungen  wurden von Hellrigl nachgewiesen (Gesamtartenliste mit wissenschaftlichen Namen auf https://www.zobodat.at/pdf/Gredleriana_003_0143-0208.pdf):

  • Seidenbienen
  • Maskenbienen
  • Andrenidae/ Erdbienen, mit artenreicher Gattung Andrena Sandbienen, Zottelbienen, Buntbienen, Scheinlappenbienen
  • Halictidae/ Schmal- und Furchenbienen
  • (parasitische) Blutbienen
  • artenreiche Gattung der Furchenbienen
  • Schürfbienen
  • Familie Melittidae/ Sägehornbienen
  • Familie Megachilidae/ Blattschneiderbienen
  • Blatschneiderbienen
  • Mörtelbienen
  • Mauerbienen (artenreiche Gattung)
  • Wollbienen Harzbienen
  • Trachusa/ Bastardbienen
  • Stelis/ Düsterbienen
  • Steppenglanzbienen
  • Kraftbienen
  • Kurzhornbienen
  • Wespenbienen
  • Filzbienen
  • Schmuckbienen
  • Fleckenbienen
  • Langhornbienen
  • Eigentliche Bienen
  • solitär lebende Bienen:
  • Keulhornbienen
  • Holzbienen
  • staatenbildende Bienen:
  • Honigbienen: In Südtirol gibt es drei verschiedene Rassen dieser Nutztiere: Apis millifera ssp. millifera, ssp. carnica und ssp. Ligustica
  • Hummeln
  • artenreiche Gattung Bombus
  • Schmarotzerhummeln
Seidenbiene

Schutz und Erhalt der Wildbienen 

Für den Schutz und Erhalt der Artenvielfalt der Wildbienen ist der Erhalt der Lebensräume, beginnend bei Teillebensräumen in der Landschaft wie Hecken und der Strukturausstattung der Lebensräume notwendig.

Extensiv genutzte Wiesen und Weiden sind hochwertige Wildbienenlebensräume. Die Nutzungsintensivierung der Wiesen ist vielfach ein Grund für den Biodiversitätsverlust und in Südtirol wurde im Dolomitengebiet festgestellt:“ Starker Weidedruck dürfte mit eine Ursache für die geringen Bienendichten in den alpinen Lagen am Plateu sein.“ Habiat Schlern, Knopf 2008. Am artenreichsten stellten sich beim Habitat Schlern die extensiven Magerstandorte heraus.

Auch der Schutz der Lebensräume vor Verschmutzung, wie etwa Pestizideneintrag durch die Landwirtschaft, ist notwendig, um die Artenvielfalt zu erhalten und die Funktionalität der Ökosysteme sicherzustellen.

In Europa und Amerika haben in den letzten Jahrzehnten Honigbienen stark abgenommen. Viele Honigbienenvölker starben und bestäubende Insekten nehmen general ab. Dieser Prozess wird als Bienensterben bezeichnet und verdeutlicht das Insektensterben.

Das Europäische Parlament schreibt: “Bienen und weitere bestäubende Insekten sind für unsere Ökosysteme und Biodiversität von entscheidender Bedeutung. Ein Rückgang der Bestäuber bedeutet auch einen Rückgang oder gar das Verschwinden unserer Pflanzenvielfalt und der Organismen, die direkt oder indirekt von ihnen abhängen. Gleichzeitig führen die zahlenmäßige Abnahme der Bestäuberpopulationen sowie die Verringerung ihrer Vielfalt zu Ertragsverlusten in der Landwirtschaft.”

15 Mrd. Euro  ; Ungefährer Wert der jährlichen landwirtschaftlichen Produktion, der der Insektenbestäubung zugeschrieben wird”

Verringerung des Einsatzes von Pestiziden notwendig:

Um die Rückstände von Pestiziden in den Lebensräumen von Bienen weiter zu senken, muss die Verringerung der Verwendung von Pestiziden zu einem grundlegenden Ziel der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden, so die Abgeordneten.

Europäisches Parlament, Pressemitteilung vom 03-12-2019

Zahlreiche Umweltschutzvereine und die Zivilgesellschaft im Allgemeinen sind für den Erhalt der Artenvielfalt und gegen die Verschmutzung der Umwelt. Die massive Reduktion von Pestiziden in der Landwirtschaft ist eine Aufgabe, welche die Landwirtschaft angehen muss.

(Rote Liste Wildbienen Europa: https://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/redlist/bees/summary.htm)