Titelbild: Kontrastreiche Landschaft Südtirols mit pestizidbehandelten Apfelmonokulturen im Talboden und artenreichen naturnahem Laub- und Mischwäldern auf den Berghängen.
Biodiversität beinhaltet die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme bzw. Lebensräume.
Biodiversität bedeutet nicht nur Artenvielfalt, die Vielfalt der Pflanzen, Tiere und Pilze sondern auch die Vielfalt innerhalb einer einzelnen Art. Einzelne Arten sind genetisch sehr vielfältig, wie etwa die vielen unterschiedlichen Unterarten des Wolfes, welche auf den verschiedenen Kontinenten im Laufe der Evolotion entstanden sind.
Biodiversität beinhaltet auch die Vielfalt der Lebensräume. Lebensräume wie Wälder oder Flüsse werden in ihrer Strukur und Funktion als Ökosystem beschrieben und die Ökosysteme leisten Dienste. Ein Wald liefert u.a. saubere Luft und ein Fluss liefert u.a. Trinkwasser. Die saubere Luft und das Trinkwasser sind Leistungen, welche die Ökosysteme erbringen.
Biodiversität beinhaltet auch die Leistungen oder Dienstleistungen der Ökosysteme, welche für das Leben auf dem Planeten unerlässlich sind.
Die Natur und das natürliche Erbe der Menschheit sind ein Wert für sich. Darüberhinaus erbringen Ökosysteme und die Biodiversität Leistungen für Menschen.
Die Biodiversität – die außergewöhnliche Vielfalt der uns umgebenden Ökosysteme, Arten und Gene – ist nicht nur um ihrer selbst willen wichtig; sie versorgt die Gesellschaft auch mit einem breiten Spektrum von lebenswichtigen Ökosystemleistungen wie zum Beispiel Nahrung, Trinkwasser, Bestäubung, Hochwasserschutz etc.
Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020, Europäische Union, 2011
„Die Natur und ihr lebenswichtiger Beitrag für den Menschen, welche zusammen die biologische Vielfalt, Ökosystemfunktionen und Dienstleistungen ausmachen, verschlechtert sich weltweit. Die Biosphäre, von der die Menschheit als Ganzes abhängt, wird auf allen Ebenen in beispielosem Maß verändert. Die Biodiversität nimmt schneller ab als jemals in der Geschichte der Menschheit zuvor.“
Weltbiodiversitätsrat 2019 (Weltbiodiversitätsrat IPBES, Global Assessment Summary for Policymakers, 2019).
Ursachen für den Biodiversitätsverlust sind:
Die Zerstörung und Flächenverluste natürlicher und naturnaher Lebensräume ist ein Hauptgrund für den Biodiversitätsverlust. Wird ein Lebensraum durch menschliche Aktivitäten, beispielsweise durch Waldrodung, Bebauung oder Änderung verkleinert oder verändert, verliert er seinen Artenbestand ganz oder teilweise. Wissenschaftler um Sean Maxwell von der University of Queensland in Brisbane (Australien) analysierten ca. 8700 Spezies, die auf der Roten Liste bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen. Sie stellten fest, dass 72 Prozent von ihnen durch die Übernutzung von Ressourcen bedroht sind. 4000 Spezies sind durch Waldrodungen bedroht und der zweitwichtigste Faktor ist die Landwirtschaft, die 62 Prozent der einbezogenen Arten trifft.
Übernutzung, z. B. durch Überweidung und Überfischung werden Ökosysteme degradiert, was mit einem Verlust an Arten einhergeht. Die Nutzungsintensivierung betrifft insbesondere Wiesenlebensräume. Viele Mähwiesen werden heute häufiger gemäht und stärker gedüngt als früher, was den Verlust der Artenvielfalt auf den Wiesen zur Folge hat.
Verschmutzung: Stoffeinträge belasten die Ökosysteme. Pestizide aus der Landwirtschaft, der Eintrag von Stickstoff und Phosphor in Gewässerökosysteme, der Eintrag von Nährstoffen in naturnahe Lebensräume mit Arten, welche auf nährstoffarme Umweltverhältnisse angewiesen sind, spielen für den Artenverlust in Europa eine entscheidene Rolle. Viele der ausgestorbenen bzw. gefährdeten Pflanzenarten Südtirols sind etwa auf nährstoffarme Standorte angewiesen.
Verdrängung einheimischer Arten durch invasive Arten/ Neobiota: Invasive Arten treten mit den natürlich vorkommenden Arten in Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen. Sie können dadurch andere Arten oder ganze Artengemeinschaften verdrängen und Ökosysteme verändern.
Klimawandel: In Europa es zu Veränderungen von Artarealen infolge klimatischer Veränderungen. Viele Arten kommen heute isoliert vor und ihre Wanderung und Ausbreitung auf andere Flächen ist nicht mehr möglich. Für viele Arten wie etwa alpine Arten, wie Schneehuhn und Schneehase bedeutet die Klimaerwärmung die Verkleinerung und Fragmentierung des Lebensraums. http://biodiversitaet.bz.it/klimawandel/
„Ich möchte aber betonen, dass sich derzeit die Landnutzungsänderungen lokal und global viel negativer auf die Biodiversität auswirken, als der Klimawandel….Der beste Schutz ist eindeutig der Erhalt oder im Notfall die Restaurierung…“
Prof. Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Freien Universität Bozen und Professorin für Ökologie an der Uni Innsbruck, im Interview zur biologischen Vielfalt im alpinen Raum und in Südtirol in der Wochenzeitschrift Zett vom 29.09.2019.
Artenvielfalt
Wir erleben gerade das sechste große Artensterben der Erdgeschichte. Doch diesmal sind weder Vulkane noch Asteroiden schuld, sondern einzig und allein das Handeln des Menschen.
Laut Presseaussendung setzt das Land Südtirol auf Artenvielfalt. Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte, wieso das Land Südtirol weiterhin und künftig noch stärker auf das Thema Artenvielfalt setzt (Presseaussendung Provinz Bozen 07.06.2019 Land Südtirol setzt auf Artenvielfalt).
Auch in Südtirol vollzieht sich das Artensterben und viele Tierarten und Pflanzenarten sind in ihrem Bestand gefährdet oder schon ausgestorben, wie etwa der Laubfrosch.
- Mehr zur Tierwelt und ihrer Gefährdung: http://biodiversitaet.bz.it/fauna/
- Mehr zur Pflanzenwelt und ihrer Gefährdung: http://biodiversitaet.bz.it/flora/
Der Weltbiodiversitätsrat hat im Mai 2019 das „Global Assessment“ vorgelegt, in dem das Aussterberisiko vieler Arten weltweit aufscheint. Menschliche Aktivitäten sorgen dafür, dass heute mehr Arten vom Aussterben bedroht sind als jemals zuvor. Circa 25 % der Arten in den meisten Tier- und Pflanzengruppen, also bis zu 1 Million Arten, sind bereits vom Aussterben bedroht und viele wird das innerhalb der nächsten Jahrzehnte betreffen. Der vom Menschen verursachte Verlust und die Verschlechterung von terrestrischen Lebensräumen haben die globale Lebensraumintegrität um 30 % verringert und es deutet darauf hin, dass rund 9 % der weltweit geschätzten 5,9 Millionen terrestrischen Arten (mehr als 500.000 Arten) keinen ausreichenden Lebensraum für das langfristige Überleben mehr haben. Ebenso dramatisch sieht die Lage in den Meeren aus, fast ein Drittel der riffbildenden Korallen, Haie und Meeressäuger sind vom Austerben bedroht.
„Wichtige Grundlage für den Artenschutz ist die Beurteilung der jeweiligen Ursachen der Gefährdung einzelner Arten. Neben der Bedrohung der Einzelindividuen erfolgen die größten Verluste durch die Zerstörung von Lebensräumen der Tierarten. Artenschutz ist daher in der Praxis vorrangig auch Schutz der Habitate“,
steht im Landschaftsleitbild Südtirols. Artenreiche oder naturnahe Wiesenlebensräume, wie Feuchtwiesen oder Magerwiesen, verschwanden in den letzten Jahrzehnten für immer. Die Grünlandwirtschaft wurde intensiviert und wertvolle Wiesenlebensräume gingen verloren und die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität sind gravierend. Mehr zu den Wiesen und auch zu den verarmten Wirtschaftswiesen der Agrarlandschaft auf http://biodiversitaet.bz.it/wiesen/
Schlecht bestellt ist es in Südtirol auch um Fische wie die Marmorierte Forelle. Diese Forellenart kommt subendemisch in Italien vor und in Südtirol ist sie die einzige natürlich vorkommende Forellenart. Die Marmorierte Forelle ist weltweit vom Aussterben bedroht (CR) und auch in Südtirol stark gefährdet. Kormorane und andere fischfressende Vögel werden jedoch zum Sündenbock gemacht, auch von Leuten, die sich Umweltschützer nennen und genannt werden- http://biodiversitaet.bz.it/2019/09/06/kormoran/.
Ringeltauben haben in den letzten 150 Jahren in Südtirol stark abgenommen. Viele Arten wurden auch systematisch verfolgt und ausgerottet, wie Kormorane oder Wölfe. Einige Arten kehren heute wieder zurück und ihre Populationen nimmt zu, wie der Wolf oder der Kormoran. Andere Arten wiederum wurden ausgerottet und kehren vielleicht in Zukunft zurück, sofern Wiederansiedlungsprojekte gestartet werden (z.B. Sumpfschildkröte). Während bei Wolf und Kormoran der konsequente Schutz ausreicht, dass sie wieder zurückkehrten, gelingt dies bei vielen anderen Arten nicht.
Nicht alle Tierarten und Populationen sind gefährdet, jedoch gibt es viele negative Trends und auch einige Vogelarten sind in Südtirol in den letzten Jahrzehnten ganz verschwunden und damit ausgestorben.
Es sind nicht nur Arten gefährdet sondern ganze Ökosysteme, welche die Biosphäre der Erde am Leben erhalten, wie etwa die tropischen Regenwälder. Regenwälder und die borealen Nadelwälder der Nordhemisphäre sind die großen Sauerstoffproduzenten der Erde, die grünen Lungen der Erde und nehmen CO2 auf. Berechnungen zufolge nimmt allein der Amazonas-Regenwald etwa zwei Milliarden Tonnen CO2 im Jahr auf, eine Ökosystemleistung des Waldes.
Der Regenwald ist darüberhinaus bekannt für seinen Artenreichtum, er ist ein Hotspot der globalen Artenvielfalt. Natürliche tropische Regenwälder in Südostasien und Südamerika wurden zu Soja- und Palmölplantagen oder Rinderweiden und riesige natürliche Urwaldflächen (Primärregenwälder) wurden in den vergangenen Jahrzehnten gerodet, alleine im Jahr 2017 wurden über 29,7 Milllionen Hektar Regenwald durch Brandrodung vernicht und die Tendenz setzt sich fort.
Ebenso dramatisch ist die Situation der Weltmeere, welche leergefischt wurden und mit Plastik zugemüllt werden. Korallenriffe der Tropen sind neben den tropischen Regenwäldern die artenreichsten Ökosysteme (allein 25% aller bekannten Fischarten kommen in Korallenriffen vor). Der Biodiversitätshotspot tropischer Korallenriffe ist durch den Klimawandel bedroht, Korallenbleichen führen zum Absterben der riffbildenden Korallenarten.
Der Schutz und Erhalt von Lebensräumen ist eine Grundvorraussetzung, um den Artenverlust zu stoppen.
Im Landschaftsleitbild Südtirols steht:
„Der Lebensraumschutz hat für die Erhaltung sowohl von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten als auch für typische Kulturarten an Bedeutung gewonnen. Demgemäss muss in einem zeitgerechten Naturschutzrecht darauf besonderer Wert gelegt werden. Besonders schützenswerte, weil im Kulturland selten gewordene Habitate sind Nass- und Feuchtflächen, stehende und fließende Gewässer inkl. Ufervegetation, Auwälder und Uferbiotope sowie Flurgehölze und Hecken.„
In Südtirol verschwinden jedoch auch Auwälder von der Landkarte, wie der letzte große Auwald im unteren Pustertal Ilsterner Au durch eine Revitalisierung (http://biodiversitaet.bz.it/2016/10/28/die-revitalisierung-der-ilstener-au/).
Ebenso werden Fließgewässer und ihre Auen etwa um Brixen umgebaut und der Auwald in der Industriezone Brixen droht zu verschwinden, obwohl der Landesregierung bekannt war, dass es sich um einen wertvollen und gesetzlich geschützten Lebensraum handelt. Doch in Zusammenarbeit mit einigen Umweltschutzvereinen wird die Zerstörung derartiger Wälder vorangetrieben. http://biodiversitaet.bz.it/2019/01/16/revitalisierung-und-wasserrahmenrichtlinie-mittleres-eisacktal/
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol lobt im September 2020 die getätigte Zerstörung der Auwälder Südtirols wie in der Ilsterner Au: https://www.tageszeitung.it/2020/09/05/das-naechste-hochwasser-kommt/
Für derartige Revitalisierungen/Renatierungen der Südtiroler Flüsse und ihrer Auen hätte die Studie „Fluss- und Auenrenaturierung in Südtirol (Italien)“ 2012 eine Zustandserfassung gefordert und am meisten Restnatur an den Flüssen wird durch Revitalisierungen zerstört.
„Eine Zustandserfassung vor einer Renaturierung ist allerdings essentiell, um den Erfolg bzw. den Zielerreichungsgrad nach Abschluss der Maßnahmen qualitativ und quantitativ bewerten zu können.“
Studie Fluss- und Auenrenaturierung in Südtirol
Für diese Bauarbeiten hat die Provinz Bozen bis 2020 41 Millionen Euro für insgesamt 118 umgesetzte und 43 in Umsetzung befindliche derartiger Projekte investiert. Geld fließt und Lebensräume werden dabei zerstört. Mehr zu diesem Thema auf http://biodiversitaet.bz.it/revitalisierung-wasserrahmenrichtlinie/
In Südtirol ist der Schutz der Natur und der Biodiversität in Gesetzen geregelt, wie dem Naturschutzgesetz (2010), laut dem die Rodung von Auwald eigentlich verboten wäre oder dem Geschwässerschutzgesetz (2002) für Gewässer. Auf europäischer Ebene gibt es verbindliche Richtlinien, etwa die Vogelschutzrichtlinie oder die FFH- Richtlinie zum Erhalt der Arten und ihrer Lebensräume. Nach der FFH- Richtlinie der EU sind artenreiche Bergwiesen und magere Flachlandwiesen auch zu schützende Lebensräume. Im Südtiroler Naturschutzgesetz fehlen jedoch diese Lebensräume. Ebenso fehlt in diesem Gesetz ein besonderer Schutz der bedrohten Arten, wie sie in den Roten Listen Südtirols stehen.
Die Zerstörung von Lebensräumen, von tropischen Regenwäldern bis zu Auwäldern war und ist ein Hauptgrund für den Biodiversitätsverlust. Darüberhinaus werden Ökosysteme auch durch Pestizide aus der Landwirtschaft belastet (mehr dazu auf http://biodiversitaet.bz.it/pestizide/).
Der Biodiversitätsverlust zeigt sich in Europa und Südtirol deutlich als Insektensterben (http://biodiversitaet.bz.it/tag/insektensterben/). Schmetterlinge, Käfer und viele andere Insektenarten nahmen ab und Arten sterben aus.
„Südtirol setzt auf Biodiversität“, berichtet die Lokalpresse in Südtirol, wenn ein Biodiversitätsmonitoring beschlossen wird. Dass mit einem derartigen Monitoring keiner Art und keinem Ökosystem geholfen wird, berichtet die Presse nicht. Zahlreiche Monitoringprogramme werden in Südtirol seit Jahren durchgeführt (u.a. verpflichtend nach FFH-, WRRL- und Vogelschutzrichtlinie) und die Ursachen der Gefährdung stehen fest, ebenso wie Programme zum Handeln (z.B. Biodiversitätsstrategie).
„Verringerung des Einsatzes von Pestiziden notwendig…Um die Rückstände von Pestiziden in den Lebensräumen von Bienen weiter zu senken, muss die Verringerung der Verwendung von Pestiziden zu einem grundlegenden Ziel der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden, so die Abgeordneten.“
In Südirol gibt es fast keine natürlich dahinfließenden Bäche mehr, sie wurden verbaut. Stehende und fließende Gewässer beherbergen zahlreiche spezialisierte Tier- und Pflanzenarten und bilden dynamische Lebensräume wie Auwälder aus, welche Ökosystemleistungen wie Hochwasserschutz oder sauberes Trinkwasser liefern. Mehr zum Lebensraum Gewässer http://biodiversitaet.bz.it/baeche-und-seen/.
Allseits bekannt sind die Alpen und das Hochgebirge durch die charakteristischen Arten, wie Murmeltier oder Edelweiß. Touristen strömen in die Bergwelt, um die Natur zu genießen. Murmeltiere und Edelweiß sieht man jedoch seltener. Das Edelweiß wurde über Genertionen durch Pflücken im Bestand dezimiert und auch Murmeltiere waren vor Jahrzehnten fast ausgestorben. Weidetieren dagegen sind in großer Zahl im Gebirge während der Sommermonate unterwegs.
Wir leben im Zeitalter des Anthropozän. Auch global sind Wildtiere in der absoluten Minderheit: die Biomasse (Wirbeltiere) der Haustiere beträgt 65% und die der Wildtiere 3%. Der Mensch macht 32% der Biomasse aus. Elefanten, Waale, Giraffen, Murmeltiere, Bären und alle anderen Wirbeltiere der Welt machen nur 3% der gesamten Biomasse aus und auch in der scheinbar heilen Bergwelt der subalpinen und alpinen Stufe sind Weidetiere und Menschen häufiger als Wildtiere.
„Die Landesrätin erinnerte daran, dass in Südtirol rund 25 Prozent der gesamten Naturfläche unter Schutz stehen“, stand in der Presseaussendung der Provinz Bozen mit der Überschrift „Land Südtirol setzt auf Artenvielfalt“. Die meisten Schutzgebiete umfassen jedoch subalpine und alpine Landschaften, welche meist weniger Natur als vielmehr Weideland sind. Mehr dazu auf: http://biodiversitaet.bz.it/alpine-landschaft/
Genetische Vielfalt
Die genetische Vielfalt bezeichnet die Variabilität innerhalb einer Art. Innerhalb von Arten treten Unterschiede auf, im Aussehen und genetisch (phänotypische und genotypische). Für den Artenschutz und für das Überleben einer Population ist die Erhaltung einer minimalen genetischen Variabilität zur Vermeidung von Inzucht und zur genetischen Anpassung an Umweltveränderungen unerlässlich.
Die Vielfalt innerhalb einer Art zeigt sich auch in Unterarten, in welche bestimmte Arten unterteilt werden. Es gibt z.B. verschiedene Unterarten von Wölfen (http://biodiversitaet.bz.it/wolf/). In der Natur ist die genetische Vielfalt innerhalb einer Art, einzelner Populationen oder Ökotypen oft sehr groß.
Der Verlust der genetischen Vielfalt ist auch bei Forellen Europas festgestellt worden. Genetisch reine autochthone Marmorierte Forellen gibt es in Südtirols Gewässern keine mehr und bei Fischen ist durch Fischbesatz genetische Vielfalt verloren gegangen. Einer der häufigsten Fische Südtirols, nämlich die Bachforelle, ist kein einheimischer Fisch und bildet mit der Marmorierten Forelle Hybride. Mehr dazu auf (http://biodiversitaet.bz.it/2017/11/29/fische/). Der Geschäftsführer des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz Andreas Riedl ist begeisterter Fischer. Ein Verbot des Fischens von seltenen Arten wie der Marmorierten Forelle wäre notwendig, um die Art langfristig zu erhalten.
Besonders betroffen vom genetischen Verlust ist auch die Landwirtschaft, alte Nutztierrassen und Sorten von Obst und Gemüse sind vielfach Raritäten oder schon ausgestorben. Mehr als 150 Nutztierrassen starben weltweit zwischen 2000 und 2018 aus (FAO). Eine der gefährdetsten Nutztierrassen Südtirols ist der Bergspitz, ein Hüte- und Hirtenhund, er ist vom Aussterben bedroht (Rote Liste FAO).
Die industrialisierte Landwirtschaft bedient sich einiger weniger Hochleistungsrassen und Hybriden. Von den hunderten alten Obstsorten werden im Handel nur einige wenige angeboten, einige Biobauern oder engagierte Menschen setzen jedoch auf den Erhalt.
Biodiversität erhalten und fördern- Biodiversitätsstrategie
Die Biodiversitätsstrategie der EU hat aufgezeigt, daß in Bezug auf die Landlebensräume die „Landwirtschaft“ und die vom Menschen herbeigeführten „Veränderungen der natürlichen Bedingungen“ die größten Probleme für alle drei Gruppen (Vögel, andere Arten, Lebensräume) darstellen (mehr zur Biodiversitätsstrategie auf (http://biodiversitaet.bz.it/biodiversitaetsstrategie/).
Der Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität, was die Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete und deren Ökosysteme betrifft, tragen vor allem die Akteure aus Politik und Wirtschaft, allen voran die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft und die Bauern sind es, welche den Großteil der Flächen des Landes nutzen und schon alleine dadurch am meisten Einfluss auf die Biodiversität haben.
Das eigene Verhalten gilt es auch zu kritisch zu hinterfragen und zu verändern, ob mit dem Verhalten der Biodivesität geschadet wird. Ob Umweltschützer, Jäger, Fischer, Landwirte oder Konsumenten, jeder hat die Möglichkeit, etwas für die Biodiversität zu tun.
Viele Biobauern Südtirols haben schon aktiv Lebensräume auf ihren Höfen geschaffen. Andere Bauern zerstören hingegen aktiv die Biodiversität, indem sie etwa letzte Feuchtgebiete entwässern. Ein Hobbyfischer sollte sich im Sinne des Fischschutzes für die ganzjährige Schonung von Marmorierten Forellen einsetzten, sie sind nämlich in Italien gefährdeter als Wölfe und drohen auszusterben.
Einen kleinen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt kann jeder leisten. Einige Anregungen dazu:
http://biodiversitaet.bz.it/category/individuum/