Biodiversitätsmonitoring

(Titelbild: Vegetation Südtirols in einer Karte festgehalten: die Vegetation und die Biodversität hat sich seitdem verändert, Obstplantagen dehnten sich etwa im Vinschgau aus, Schluchtwälder wurden weniger und invasive Neophyten breiteten sich aus)

Das Forschungsinstitut Eurac hat ein Projekt zur Erhebung der Artenvielfalt ausgearbeitet, welches von der Politik in Auftrag gegeben wurde und vom Land jährlich mit 500.000 Euro bezuschusst wird. Ausgehend von der Beschreibung des Projektes auf den Internetseiten, weist das Monitoring viele Schwachstellen in Bezug auf die Biodiversität auf. Die Artenvielfalt einzelner Flächen wird beobachtet und die Entwicklung der gesamten Natur- und Kulturlandschaft Südtirols wird nur ungenügend beobachet. Über die Funktionalität oder die Quantität der Ökosysteme wie Wälder oder Fließgewässer in ihrer Gesamtheit wird keine Auskunft gegeben. 

Das Biodiversitätsmonitoring wird auf den Internetseiten so beschrieben: “Das Monitoring soll die Entwicklung der gesamten Südtiroler Biodiversität aufzeigen, wobei der Schwerpunkt auf Artengruppen liegt, die unmittelbar auf Umwelt- und Landnutzungsänderungen reagieren. Die 320 terrestrischen Untersuchungsgebiete sind gleichmäßig über das Land verteilt und umfassen eine repräsentative Auswahl verschiedener Lebensräume. Zusätzlich wird auch eine große Anzahl von Fließgewässern untersucht. Alle Erhebungen werden in regelmäßigen Abständen wiederholt.
Das Monitoring dient auch dazu, wichtige administrative Anforderungen zu erfüllen, wie z.B. Auswirkungen von getroffenen Umweltmaßnahmen zu überprüfen oder als Grundlage für die regelmäßige Berichterstattung über den Zustand der Arten und Lebensräume im Rahmen der Habitat-Richtlinie. Um repräsentative Aussagen über Veränderungen der Biodiversität in Südtirol zu erhalten, wurden die meisten der im Monitoring untersuchten Flächen zufällig ausgewählt.”

Was die regelmäßige Berichterstattung über den Zustand der Arten und Lebensräume im Rahmen der Habitat-Richtlinie (=FFH-Richtlinie) angeht, so werden diese entsprechend der FFH-Richtlinie Artikel 6 bereits erfasst. Im Zeitabstand von 6 Jahren werden diese aktualisiert. Die FFH-Richtlinie stammt aus dem Jahr 1992. In Südtirol wurden Natura 2000 Gebiete ausgewiesen und für diese Gebiete gibt es auch Managementpläne. Für derartige Schutzgebiete wird also doppelt geforscht.

Zusätzlich wird auch eine große Anzahl von Fließgewässern untersucht. Alle Erhebungen werden in regelmäßigen Abständen wiederholt.” Fische, Kieselalgen, Makrozoobenthos usw. werden von Landesämtern bereits erfasst. Zudem wurden alleine 41 Millionen Euro in den Umbau der Gewässer bis 2020 als Revitalisierung bzw. Renaturierung investiert. Bei diesen getätigtten Arbeiten fehlt jedoch eine systematische Zustandserfassung auf Art- und Ökosystemebene und auch ein umfassendes Monitoring. Die Fließgwässer und ein wichtiger Teil der Biodversität der Fließgewässer werden wie die Natura 2000 Gebiete bereits überwacht und ein Monitoring der Artenvielfalt vieler Organismengruppen ist daher schlichtweg überflüssig. Ökosysteme wie Fließgewässer sind Belastungen ausgesetzt (siehe http://biodiversitaet.bz.it/baeche-und-seen/) und durch neue Verbauungen von Fließgewässern oder neuen Wasserkraftwerken wird die Funktionalität des Ökosystems beeinträchtigt. Das Monitoring überwacht nicht alle Fließgewässer dahingehend, ob sie weiter verändert werden und in ihrer Funktionalität beeinträchtigt werden.. 

Schwachstellen: Seltene und gefährdete Arten nicht genügend erfasst

Im Jahr 1994 wurde eine Rote Liste der Tierarten Südtirols erstellt und Jahre später folgte auch eine der Pflanzen. Seltene, nur an wenigen Orten vorkommende Arten, wie etwa seltene Amphibien (z.B. Gelbbauchunke) oder Säugetiere (z.B. Bären), welche auch durch die FFH-Richtlinie besonders geschützt sind, werden beim Biodiversitäts-Monitoring in Südtirol unzureichend erfasst. 

Durch die Übernahme sämtlicher Daten des Naturmuseums (z.B. Gelbbauchunken) und der Landesämter (z.B. Bären) könnte die Entwicklung der Biodiversität als Artenvielfalt viel genauer abgebildet werden. Seltene Arten, wie Bären und Gelbbauchunken kommen nicht überall vor. Doch gerade diese seltenen und gefährdeten Arten sind von zentraler Bedeutung für den Erhalt der Biodviersität. Die Biodiversität als Artenvielfalt zu erhalten, bedeutet zuallererst, auf gefährdete und seltene Arten zu achten. Beispiel Weinberg: Weinberge können eine ganz spezielle typische Weinbergflora aufweisen, ähnlich wie etwa Getreideäcker mit charakteristischem Klatschmohn und Kornblume. Typisch für Weinberge sind etwa Zwiebelpflanzen und der Nickende Milchstern ist eine solche typsiche Art, die aber sehr selten wurde und in ihrem Bestand gefährdet ist. Über die Entwicklung dieser Art wird das Monitoring nur dann eine Aussage treffen können, wenn sie in einem der 20 aufgenommen Weinberge auch vorkommt (Nickender Milchstern und Flora Gefährung der Flora siehe http://biodiversitaet.bz.it/flora/). Kommt sie in einer Aufnähmefläche vor, so kann nur über die Bestandsentwicklung in der einen Fläche eine Aussage getroffen werden, nicht aber über die Entwicklung des Bestandes in ganz Südtirol.

Schwachstelle: punktuelle Aufnahmen- Landschaft als Ganzes nicht überwacht

Eine große Schwachstelle des Biodiversitätsmonitorings ist, dass lediglich punktuelle Untersuchungsgebiete über das Land verteilt dem Monitoring unterzogen werden. Damit werden etwa wichtige Landschaftselemente nicht flächendeckend überwacht, wie lineare Landschaftselemente (z.B. Hecken, Ufergehölze), welche wichtige Lebensräume für Arten darstellen und erheblich zur Artenvielfalt in der Landschaft beitragen. In der FFH- Richtlinie sind sie erwähnt:“ Die Mitgliedstaaten werden sich dort, wo sie dies im Rahmen ihrer Landnutzungs- und Entwicklungspolitik, insbesondere zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000, für erforderlich halten, bemühen, die Pflege von Landschaftselementen, die von ausschlaggebender Bedeutung für wildlebende Tiere und Pflanzen sind, zu fördern.“ Wie sich die Landschaftselemente auch nur quantitativ entwickeln, darüber wird das Monitoring keine fundierten Ergebnisse liefern. 

An Fließgewässern finden sich z.B. wichtige Lebensräume wie etwa Auwälder und im Etschtal existiert ein lang gezogener Auwald entlang der Etsch (siehe Karte oben). Die quantitative Ausdehung von Lebensräumen wie Auwäldern bzw. linearen Landschftselementen in den Talsohlen wird mit dem punktuellen Monitoring nicht überwacht.

Über Fernerkungdsmethoden (Vergleich Luftbilder) über die Jahre hingweg könnte sehr einfach die Entwicklung wertvoller Landschaftselemente beobachtet werden.

Auch darüber, ob etwa Feuchtgebiete in Südtirol zunehmen oder abnehmen, wird das Monitoring keine Ergenisse liefern, da nur puntkuell Aufnahmen gemacht werden. Dasselbe gilt für Wälder, Almen oder Gletschern. Wachsen Almen zu oder werden Almen aufgelassen und gewinnt dabei der natürliche Wald Südtirols Flächen zurück, darüber kann durch die punktuelle Aufnahme der Artenvielfalt keine fundierte Aussage getroffen werden. Für die Biodiversität sind derartige großflächige Landnutzungsänderungen jedoch bedeutend.

Es wird viel gebaggert in Südtirol: Hecken können dabei verschwinden

Defizit: Fehlen der genetischen Vielfalt von Nutzpflanzen und Nutztieren:

Das Monitoring soll die Entwicklung der gesamten Südtiroler Biodiversität aufzeigen”, jedoch wird die genetische Vielfalt der in Südtirol vorkommenden Nutzpflanzen und Nutztiere nicht erfasst. Der Biodiversitätsverlust zeigt sich auch im Verlust der Nutztierrassen- und der Sortenvielfalt. Dies betrifft alte Obstsorten, wie dem Kalterer Apfel oder Getreidesorten bis hin zu Hühnern, etwa dem Proveis- Ultentaler Huhn oder dem Tirolerhuhn. Zahlreiche Vereine oder Einrichtungen wie die Laimburg (z.B. Getreide) beschäftigen sich mit dem Thema und Initiativen zum Erhalt wurden gestartet. Beim Biodiversitätsmonitoring fehlt diese Entwicklung. Der Wert der genetischen Vielfalt der Nutztierrassen und Sorten wird beim Biodiversitätsmonitoring der EURAC sträflich vernachlässigt. Wichige Akteure und Kenner dieser Vielfalt wurden nicht involviert. Tradititionelle, an die Beweidung von Almen und kargen Bergwiesen angepasste lokale Nutzrassen, wie etwa das Buischa Rind (Fotos siehe https://patrimont.org/de/), finden keine Beachtung. 

Schwachstelle: zu später Beginn

Das Monitoring beginnt erst im Jahr 2019 und wird alle 5 Jahre Ergebnisse liefern, also werden erst 2024 die ersten Ergebnisse vorliegen, welche die Entwicklung in diesen fünf Jahren auzeigen. Nicht berücksichtigt wird das Wissen um den Biodiversitäsverlust, wie er in den vergangen Jahrzehnten dokumentiert wurde, etwa der Verlust von artenreichen Lärchenwiesen oder das Insektensterben. Es fließt nicht die bisherige Entwicklung der Biodiversität ein und dem Biodiversitätsmonitoring fehlt damit der wichtige Blick in die Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Das Insektensterben ist bereits eingetreten, die meisten Magerwiesen gingen schon verloren, viele Feuchtgebiete wurden bereits zerstört und der Artenverlust geht weiter. In den nächsten fünf Jahren, wird es sicher kein zweites großes Insektensterben geben, wie es sich in den letzten Jahrzehnten abspielte. Es ist durchaus möglich, dass in Südtirol ein Monitoring durchgeführt wird und die Öffentlichkeit niemals wissen wird, dass es ein Insektensterben gibt.

Schwachstelle: keine Informationen über Bedeutung der Lebensräume für die Arten

Es gibt Lebensräume, die von großem Wert für den Erhalt der Arten sind, etwa Feuchtgebiete oder Trockenrasen. Die Autonomoe Provinz Bozen bietet nützliche Informationen etwa über den Wert der Trockenrasen für die Biodiversität (http://www.provinz.bz.it/natur-umwelt/natur-raum/naturschutz/rasen-und-wiesen-trocken-frisch-beschreibung-lebensraum.asp?news_action=4&news_article_id=595379), über vorkommende dominante und charakteristische Arten, gefährdete Arten, über die biologische Werigkeit, der Funktion des Lebensraums, Entwicklungstendenzen und Gefährdung des Lebensraums und über den Naturschutz.

Das Bioversitätsmonitoring bietet keine derartigen Informationen zu den untersuchten Lebensräumem, doch nur was man kennt, kann man auch schützen. Die Information der Öffentlichkeit ist ein sehr wichtiger Punkt, damit die Gesellschaft und die vielen Akteure ihrer Verantwortung zum Erhalt der Biodiversität nachkommen können. Auskunft über Artenzahlen und damit wie artenreich die Lebensräume sind, finden sich auf den Seiten des Biodiversitätsmonitorings nicht. Ebensowenig werden Informationen über das Vorkommen gefährdeter Arten und  über den Wert eines Lebensraums bereitgestellt. Welcher Lebensraum ist am artenreichsten, wo gibt es am meisten seltene Arten,- viele Fragen werden nicht beantwortet. Nach dem Durchlesen der ganzen Infors zum Biodiversitätsmonitoring auf https://biodiversity.eurac.edu/de/ wird niemand sagen können, ob es für die Biodiversität besser ist Weinberge anzulegen oder Teiche zu bauen. Doch wer bis hier gelesen hat, der weiß das sicher.

Wer in diesem Blog hier liest, der wird vielleicht auch über die Presseaussendung des Biodiversitätsmonitorings schmunzeln oder auch den Kopf schütteln. Die Nachricht, mehr als die Hälfte der Südtiroler Fauna sei schon erfasst (z.B. https://www.stol.it/artikel/chronik/mehr-als-die-haelfte-der-suedtiroler-fauna-schon-erfasst) wurde verbreitet (über 1100 Tier- und Pflanzenarten): „86 Vogelarten – das sind gut die Hälfte der im Südtiroler Brutvogelatlas aufgelisteten Arten – sind anhand ihres Gesangs schon identifiziert; dazu kommen 49 erfasste Heuschreckenarten, 104 Schmetterlingsarten und 15 Fledermausarten – jeweils mehr als die Hälfte der für Südtirol bekannten Arten – sowie 850 verschiedene Gefäßpflanzen, wurde der Presse mitgeteilt und Andreas Hilpold von Eurac Research sagte: „Es überrascht uns im positiven Sinn, dass es uns gelungen ist, nach einem Jahr und einem Fünftel der gesamten Standorte schon einen so hohen Prozentsatz der Arten zu finden. Das zeigt, dass unsere Arbeit gut vorangeht und wir mit unserem Ansatz die Biodiversität in Südtirol gut abbilden können“. Dabei fehlen im Südtiroler Brutvogelatlas jedoch einige Arten, etwa Neozoen wie Brautenten oder der allseits bekannte Brutvogel die Stadttaube (http://biodiversitaet.bz.it/2018/07/14/voegel/). 104 Schmetterlingarten sollen die Hälfte der in Südtirol bekannten Arten sein, jedoch gibt es doch etwas mehr Schmetterlingarten (http://biodiversitaet.bz.it/2017/12/01/schmetterlinge/). 1100 Arten sollen die Hälfte sein? Bei Untersuchungen im Schlerngebiet (Habitat Schlern) waren 5000 Tierarten 20% der vorkommenden Tierarten Südtirols. Die Biodiversität als Artenvielfalt wird beim Monitoring nicht gut abgebildet und es ist wirklich bemerkenswert, wie artenarm Südtirol mit dem Biodiversitätsmonitoring plötzlich geworden ist. 

Was soll herauskommen? Wozu das Ganze?

Bezweckt das Monitoring die Artenvielfalt Südtirols abzubilden, dann müsste die Artenvielfalt, von Nutztierrassen bis hin zu seltenen Arten wie Bären, einbezogen werden. Über Landnutzungsänderungen und den Klimawandel sollen vor allem Aussagen getroffen werden. Bezweckt das Biodiversitätsmonitoring über den Landnutzungwandel Aussagen treffen zu wollen, dann hätte man Fernerkungdsmethoden oder vorhandenes flächendeckendes Kartenmaterial von Südtirol verwenden müssen. Punktaufnahmen geben keinen Einblick in die tatsächlichen Veränderungen durch Landnutzungsänderungen. Der Verbrauch von Flächen durch Bebauung und der damit einhergehende vollkommene Biodiversitäsverlust auf versiegelten Flächen oder der Bau von Infrasturen wie Straßen, welche Lebensräume zerschneiden, wird beim Biodiversitäts-Monitoring nicht weiter in das Monitoring einfließen. Ebensowenig die Umwandlung von natürlichen Ökosystemen wie Wäldern in anthropogene Ökosysteme, wie intensiv genutzte agrarische Lebensräumen findet in den punktuell durchgeführeten Monitoring keine weitere Beachtung. Gerade Wälder, die einen Großteil der terrestrischen Biodiversität beherbergen, werden ebenfalls durch den Bau von Forststrassen und die Intensivierung der Nutzung verändert. Derartige Entwicklungen werden nicht flächendeckend verfolgt. Wälder sind für die Biodiversität von zentraler Bedeutung, so ist etwa das Natura 2000 Gebiet Trudner Horn, das vor allem aus Wald besteht, der artenreichste Naturpark Südtirols. Auch über die quantitative Entwicklung von Auwäldern in den Talsohlen, wird damit keine Aussage getroffen werden können. 

Die Gefährdungsursachen für die Biodiversität sind hinlänglich bekannt. Bezweckt das Biodiversitäsmonitoring über den Klimawandel Aussagen treffen zu wollen, so gibt es bereits Projekte wie etwa Gloria und die Eurac beschäftigt sich bereits länger mit dem Klimwandel und publizierte den Klima-Report. Dort wurden bereits Ergenbisse präsentiert. 

Schwäche: es wird geforscht und nicht gehandelt

Viele landwirtschafltich genutzte Flächen werden vom Biodiversitätsmonitoring Südtirol untersucht wie Weinberge, Apfelplantagen oder Äcker. Es wird geforscht. Im Gegensatz dazu wird beim Biodiversitäsmonitoring Österreichs mit den Landwirten gemeinsam daran gearbeitet, die Biodversität auf ihren Flächen kennenzulernen und diese dann auch zu schützen. “Wir schauen auf unser Almen, Wiesen und Wälder”, ist in Österreich ein zentrales Element des Biodiverisätsmonitorings, in dem es darum geht, dass die Akteure in der Landschaft, praktisch die Bauern, darin eingebunden werden, die Biodiversität in ihrer Heimat kennenzulernen und darauf zu schauen.

Es gibt noch andere lobenswerte Initiativen in Österreich: das Land Salzburg mit regionalem Wiesensaatgutproduktion und Rekultivierung von Grünflächen in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben und Experten eine  Initiative zur Erhaltung der regionalen genetischen Vielfalt der Wiesen gestartet. In Südtirol wird man 2024 erfahren, dass vielleicht Arten in Wiesen zugenommen oder abgenommen haben.

In einigen Jahren wird man erfahren, wie es um die Biodiversität laut Biodiversitäsmonitoring bestellt ist. Wie viele Arten heuer, im nächsten Jahr und den Jahren danach ausgestorben sind, darüber wird man in Südtirol nichts erfahren. Die EU hat eine Strategie zum Erhalt der Biodviersität, mehr dazu auf http://biodiversitaet.bz.it/biodiversitaetsstrategie/

Der Koordinator des Biodversitätsmonitorings, Andreas Hilpold, ist nicht immer für die Erfassung und ein Monitoring der Biodiversität eingetreten. Als Vorsitzender der Umweltgruppe Eisacktal trat er nicht dafür ein, Monitoring und eine Zustandserfassung bei sogenannten Fluss- und Auenrenaturierungen durchzuführen (siehe http://biodiversitaet.bz.it/revitalisierung-wasserrahmenrichtlinie/).

 

Insektensterben

Die Studie von Krefeld (Hallmann et al., 2017) rückte erstmals das Insektensterben in den Fokus und Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die Masse der Insekten hat in ca. 30 Jahren stark abgenommen, nur noch ein Viertel der Masse an Insekten blieb übrig: Die Messeung der Masse erfolgte mit Malaise Fallen in 63 Naturschutzgebieten. Die Biomasse wurde gewogen und es ergab sich in 27 Jahren eine Abnahme von 76% und im Hochsommer sogar von 82%. Dieser Verlust an Biomasse konnte nicht mit Landnutzungsänderungen, Biotopveränderungen oder Wetterphenomen erklärt werden.

Weltweit nehmen die Insekten ab, über 40% der Insektenarten ist im Bestand bedroht und drohen auszusterben. Das sechste Große Artensterben in der Geschichte der Menscheit vollzieht sich:

  • ein großer Teil der Wasserinsektenarten ist bereits ausgestorben.
  • Der Lebensraumverlust und die Umwandlung zu intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen ist der Hauptgrund
  • Pestizide, invasive Arten und Klimawandel sind weitere Gründe für das Insektensterben weltweit.

(Weltweite Studie: https://doi.org/10.1016/j.biocon.2019.01.020)

In Europa werden auch Lebensräume zerstört, jedoch tritt das Insektensterben auch ohne Zerstörung der Lebensräume und den Lebensraumverlust auf, wie die Studie von Krefeld zeigte. Auch in Lebensräumen, die nicht verändert wurden, gibt es das Insektensterben.

sichtbarer Pestizidnebel und Abdrift in den Wald

Doch nicht nur die Masse nimmt ab. Eine groß angelegte Studie (Seibold et al., 2019) untersuchte den Bestand an Insekten und Spinnen in drei Regionen Deutschland, in der Schwäbischen Alb, im Nationalpark Hainich und in der Schorfheide Chorin. Im Zeitraum von 2009 bis 2017 nahmen die Masse und die Artenzahlen ab. Unterschiedliche Lebensräume von Wiesen bis zu Wäldern wurden untersucht (150 Graslandlebensräume und 140 Wälder). Die Zahl der Insektenarten nahm in dieser relativ kurzen Zeitraum massiv ab, wie auch die Biomasse – auf den Wiesen nahm die Biomasse um mehr als zwei Drittel 67% ab, die Häufigkeit nahm um 78% ab und die Anzahl der Arten nahm um 34% ab.

Auch in den Wäldern schrumpfte die Biomasse, um 41%. Die Anzahl der Arten nahm um 36% ab.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 publizierte einen Insektenatlas für Österreich, viele Insektenarten sind vom Aussterben bedroht, der Lebensraumverlust und Pestizide sind vor allem verantwortlich.

In Österreich gibt es alleine etwa 700 Wildbienen- und 4.000 Schmetterlingsarten. Das sind deutlich mehr als bei unseren deutschen Nachbarn oder in anderen, größeren Ländern. Die Zahl schrumpft allerdings. Etwa die Hälfte der Tagfalter gilt als bedroht.”

Auf den Facebookseiten zur Biodiversität Südtirols, welche von der öffentlichen Verwaltung betrieben wird, wurde 16. April 2020 gepostet:

“Auch für Österreich wurde inzwischen dokumentiert, dass die Insekten stark im Rückgang sind. Bei uns sind wir noch nicht so weit, aber es wird wohl leider nicht viel besser ausschauen. Genauere Daten über bestimmte Gruppen (Tagfalter, Heuschrecken, zum Teil Käfer, Wanzen und Zikaden) werden in den nächsten Jahren dank Biodiversitätsmonitoring zur Verfügung stehen.”

Für das Insektensterben gibt es jedoch auch in Südtirol genügend Belege und da das Biodiversitätsmonitoring erst 2019 beginnt, wird es in einigen Jahren auch nur Ergebnisse zu Veränderungen für die kurze Zeitspanne seit 2019 liefern. Für fundierte Aussagen müssen Langzeituntersuchungen gemacht werden.

Insektensterben in Südtirol:

Die Masse der Insekten hat abgenommen, seien es nun in einzelnen Lebensräumen wie Wiesen oder auch in ganzen Landschaften, wie dem Etschtalboden. Während dort vor Jahrzehnten z.B. auf Brennesseln auch im Etschtal Raupen zu beobachten waren, so findet man heute so gut wie keine Raupen mehr. Blüten voller Inseken, wie im Bild unten eine blühende Engelwurz in einem Wald zeigen, dass es eine größere Artenvielfalt und Masse an Insekten in Wäldern gibt. Wespen, Käfer, Wildbienen usw. besuchen die Blüte.

Käfer besucht Blüte
Wespe besucht Blüte

Für viele Insektengruppen, wie etwa Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer und Libellen liegen in Südtirol genaue Erkenntnisse vor. Rote Roten Listen geben an, welche Arten in ihrem Bestand gefährdet sind und nennen die Gefährdungsursachen. “Die Hauptursache für die Gefährdung der heimischen Heuschrecken ist in Südtirol eindeutig bei der Intensivierung der Landwirtschaft zu suchen.” welche 39% der Arten betrifft, steht in der Roten Liste zu den Heuschrecken geschrieben. Bei den Libellen Südtirols ist “der Artenrückgang auf die starke Urbanisierung der Talsohlen bzw. auf die Intensivierung und Industrialisierung des Obstanbaus, mit dem qualitativen und quantitativen Anstieg von Pflanzenschutzmitteln und der Mechanisierung der Grabenpfege, zurückzuführen.” Diese beiden Roten Listen stammen aus dem Jahr 2018, aktuelle Ergenbisse liegen vor und zeigen auch die Ursachen auf.

Die sehr artenreichen Gruppen der Käfer und Schmetterlinge wurden in Südtirol ebenfalls laufend untersucht, von Nord-Tiroler Experten wie Huemer und Tarmann für Schmetterlinge und Kahlen für Käfer. Libellen und Heuschrecken sind recht übersichtliche Gruppen, weniger als jeweils 100 Libellen- und Heuschreckenarten gibt es in Südtirol. Kahlen wies 4760 Käferarten 2018 im Kompendium der Käfer nach und gab Gefährdungsursachen an. Über Südtirols Schmetterlinge, deren Verschwinden und die Ursachen des Verschwindens gibt es viele Untersuchungen. (Schmetterlingen: http://biodiversitaet.bz.it/2017/12/01/schmetterlinge/ )

Wissenschaftler liefern seit Jahren Beweise: Schmetterlinge, Bienen und Käfer verschwinden. Hauptursache ist die intensive Landwirtschaft. Doch davon will man im Land zwischen Brenner und Salurn nichts wissen. “, schrieb die Wochenzeitschrift ff am 12. April 2018 treffend und offensichtlich soll man noch viele Jahre warten, bis das Biodiverstitätsmonitoring Ergebnisse liefert. 

Das Insektensterben betrifft nicht nur den Arten- und Naturschutz. Insekten spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle, auch in Agrarökosystemen zur Lebensmittelproduktion (betroffen sind alle, von der industriellen Lebensmittelproduktion bis zur  Subsistenzwirtschaft).

«Es droht eine Kettenreaktion»

Glenn Litsios, der in der Schweiz für das Biodiversitäts-Monitoring zuständig ist, sagte in NZZ (15.04.2020: «Es droht eine Kettenreaktion.» Denn unzählige andere Arten von Vögeln oder Reptilien ernähren sich von Insekten. Jene sind wiederum die Nahrungsgrundlage für andere Tiere. Und auch für die Menschen gibt es Konsequenzen: «Einige Insekten ernähren sich von Schädlingen. Wenn beispielsweise Blattläuse keine natürlichen Feinde mehr haben, wird das für die Bauern und Gärtner zum Problem.» Es drohen sogar Ernteausfälle und Blattlausplagen sind mit der Vergiftung von Insekten (z.B. Florfliegen, Marienkäfer) vorprogrammiert.