Schwarzerlenauwälder und Schwarzerlenbruchwälder

Der Schutz der Schwarzerlenvorkommen ist vorrangig, wurde bei der Waldtypisierung der Südtiroler Wälder festgestellt und die Wälder mit Schwarzerlen sind ganz besondere Wälder. Schwarzerlen wachsen in Auwäldern und in Bruchwäldern.

Schwarzerlenbruchwälder sind in ganz Europa in einem im wesentlichen gleichen Artengefüge verbreitet, denn sie sprechen kaum auf Veränderungen des Allgemeinklimas an und sind damit Musterbeispiele für azonele Vegetation. Sie steigen im Gebirge wenig empor und ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in der planaren und kollinen Stufe.

Schwarzerlenbruchwald am Hippolither Bach
Schwarzerlenbruchwald am Hippolither Bach in Tisens: das Bächlein transportiert keine Sedimente und überschwemmt den Wald nicht

 

Die Wasserstandschwankungen im Jahresablauf sind geringer als in Auwäldern und ein von Schwarzerlen beherrschter Bruchwald unterscheiden sich von einem Auwald darin:

  • Bruchwälder sind keine Auwälder, welche von Hochwässern mit Wasser und mineralischen Sedimenten versorgt werden
  • Bruchwälder entstanden zwar auch in Flussauen und den Randzonen dahinter, doch auch an Seen und Teichen und auch kleinen Rinnsalen oder vom Grundwasser gespeisten Flächen haben sind Bruchwälder gebildet
  • Bruchwälder gedeihen auf Böden, in denen das Grundwasser ständig nahe der Oberfläche ist (selten stocken Auwälder auf nassen Böden).
  • Bruchwaldböden können im zeitigen Frühjahr nach der Schneeschmelze unter Wasser stehen und bleiben dann lange naß, während Aueböden schon Tage oder Wochen nach der Überflutung wieder trockenfallen
  • Überschwemmungen bringen Bruchwäldern keinen Schlick und Sand und der Boden wird nicht durch die Sedimente mineralisch bereichert und gedüngt.
  • Bruchwälder stocken auf Bruchwaldtorf mit mindestens 10 bis 20 cm, einem von ihnen selbst erzeugten vorwiegend organischen Oberboden (Viele Auwälder haben praktisch keine Humusschicht, also kein organisches Meterial im Oberboden- Hartholzauen dagegegen haben Humusschicht ähnlich Laubwald).
Schwarzerlenbruchwald in Tisens am Hippolither Bach
Schwarzerlenbruchwald am Hippolither Bach in Tisens

 

In pflanzensoziologischer Hinsicht sind diese mit Schwarzerlen in verschiedenen Klassen und Verbänden zu finden, nämlich den Verbänden des Alnion incanae (der Klasse Eurosibirische Falllaubwälder) als Auwald und dem Verband Alnion glutinosae (Klasse der Grauweidengebüsche und Schwarzerlenbruchwälder) als Bruchwald.

Es gibt auch Bruchwälder ohne Schwarzerlen, wie Moorwälder. Moorwälder fußen auf Moorböden. Sie sind nach der FFH Richtlinie geschützt (Kode 91D0). Charakteristische Arten dieses Lebensraums sind u.a.: Moorbirke (Betula pubescens), Moor-Kiefer (Pinus mugo ssp. rotundata), Fichte (Picea abies), Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), Moosbeere (Vaccinium oxycoccos), Blaues Pfeifengras (Molinea caerulea), Rosmarinheide (Andromeda polifolia) und natürlich die typischen Torfmoosarten (Sphagnum spp.). Die Moorböden dieser Lebensräume haben sich über Jahrtausende entwickelt und Moore sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Bei der Entwässerung solcher Moorwälder werden riesige Mengen an Kohlendioxid, das dort gespeichert ist freigesetzt. Der Schutz von Moorwäldern bedeutet nich nur Schutz der Artenvielfalt, sondern auch Klimaschutz.

Schwarzerlenbruchwälder stocken auf extrem nassen Böden mit hoch anstehenden Grundwassser während des ganzen Jahres und sind an Bach- und Flussläufen, Seen oder auch Mooren zu finden. Wie alle Feuchtgebiete sind auch Schwarzerlenbruchwälder in Europa überall sehr selten geworden und diese Lebensräume zeichnen sich durch eine spezielle Tier- und Pflanzenwelt aus. Die Schwarzerle ist neben der Birke der einzige Baum, der echte Bruchwaldstandorte besiedeln kann. Mehrere Pflanzengesellschaften gehören zu den Schwarzerlenbruchwäldern, wie der Sumpfseggen- Schwarzerlenbruch, welcher in der Baumschicht von der Schwarzerle und der Krautschicht von der Sumpfsegge (Carex acutiformis) dominiert wird. Oder der Wasserffeder- Schwarzerlen- Bruchwald (Hottonio- Alnetum), die nässeste Form der Schwarzerlenbruchwälder auf Standorten, welche Wassertiefen von mindestens 50 cm aufweisen und das ganze Jahr über überstaut sind. In diesem Wald sind daher auch Wasserpflanzen vertreten und dominierend. Die Wasserfeder (Hottonia palustris) dominiert diesen Waldtyp, die Baumschicht ist dagegen schlecht entwickelt. Diese Pflanzengesellschaften gehören zu den Schwarzerlenbruchwäldern (Alnion glutinosae).

Kleiner Schwarzerlenbruchwald am Kleinen Montiggler See
Kleiner Schwarzerlenbruchwald am Kleinen Montiggler See in Eppan

 

Bei der Waldtypisierung wurden Südtirols Schwarzerlenwälder  den Erlenauwäldern (Verband Alnenion glutinoso- incanae) zugeordnet und die Bruchwälder wurden darin eingeordnet. Scharzerlenauwälder können sich auch wie typische Weichholzauen mit Weiden und Pappeln zu „echten“ Hartholzauwäldern weiterentwickeln, welche von Ulmen, Eschen und Eichen in der Baumschicht charakterisiert sind. Bei der Waldtypisierung wurde in Südtirol auch die Ulmen- Eschen- Hartholzau festgestellt. Weichholzauwälder und Schwarzerlenauwälder können sich zu solchen Hartholzauwäldern (Verband Ulmenion) weiterentwicklen. Moorwälder stehen am Ende der Entwicklung von Niedermooren über Hochmooren.

Auwaldarten kommen in Bruchwäldern nur vor, wenn bei größeren Überschwemmungen ein Eintrag von Mineralboden stattfindet, also wenn Bäche Sedimente (Schluss, Sand usw.) ablagern. In Eschen-Schwarzerlauen entlang der Flüsse und von Bächen kann es zum Eintrag von Sedimenten bei Überschwemmungen kommen. Im Bereich von Mooren gibt es auch Bruchwälder, welche von Fichten, Föhren und Birken beherrscht werden. Auwälder bilden sich auf überschwemmten Standorten (Wasser und Sedimente), Bruchwälder auf Standorten, mit hoch anstehendem Grundwasser und Überschwemmungen sind die Aussnahme (z.B. im Sumpfseggen- Schwarzerlenbruch).

 

Schwarzerlenbruchwald mit einigen Föhren an einem Weiher im Vorbichl, Gemeinde Tisens
Schwarzerlenbruchwald mit einigen Föhren an einem Weiher am Vorbichl, Gemeinde Tisens

 

Schwarzerlenbrüche sind meist nur noch in Fragementen erhalten und in Mitteleuropa äußerst selten, da die meisten Standorte entwässert wurden. In der Schweiz gibt es so gut wie keine Schwarzerlenbrüche mehr (Ellenber§ Klötzli 1972).

Früher wurden die Schwarzerlenbrüche Mitteleuropas forstwirtschaftlich noch in Niederwaldwirtschaft genutzt, was jedoch forstwirtschaftlich als nutzlos gilt. In Südtirol werden diese Wälder jedoch heute noch als Niederwälder genutzt, obwohl auch in Südtirol das Mittelalter schon länger vorbei ist. Die Schwarzerlenwälder Südtirols sind bis auf größere Flächen im Oberen Vinschgau nur noch sehr kleinflächig als Überbleibsel der ehemaligen Naturlandschaft mit ausgedehnten Auen in den Talböden erhalten. Sie sind heute als Lebensraum für Arten in der intensiv genutzten Agrarlandschaft der Talböden von großer Bedeutung.

Bei der Waldtypisierung in Südtirol wurden zwei Schwarzerlenwälder (aus dem Verband Alnenion glutinoso- incanae- Erlenauwälder) beschrieben:

Schwarzerlen- Eschenwald (Pruno- Fraxinetum athyrietosum filix- feminae): Der seltene Waldtyp ist ein eschenreicher Schwarzerlenwald der Tieflagen (bis 900m) auf quelligen und vernässten Standorten mit hochanstehenden Grundwasser. Bestandsbildend sind in der Baumschicht Scharzerle, Esche und Traubenkrische. Die Strauchschicht ist üppig ausgebildet mit Schwarzem Holunder, Hasel, Heckenkirsche, Weiden). Schwarzerlenwälder mit fehlenden Eschen, hochanstehenden Grundwasser und Großseggen wurden als Subtyp dieser Gesellschaft bei der Waldtypisierung zugeordnet. Der Bacheschenwald mit Schwarzerle (Carici remotae- Fraxinetum) ist sehr ähnlich und wurde bei der Waldtypisierung ebenfalls hier angeschlossen.

Naturschutz: prioritär zu schützender Lebensraum nach FFH- Richtlinie (Natura 2000 Code 91E0) Bei der Waldtypisierung wurde der Wald als bachbegleitender Wald im Passeiertal und im Vinschgau mit einer Efeu- Ausbildung angeführt.

(Eschen-) Schwarzerlenau

Schwarzerlenwald des geschützten Biotops Burgstaller Au
Schwarzerlenwald des geschützten Biotops Burgstaller Au in Burgstall

 

Die meisten Schwarzerlenauen Südtriols (die Schwarzerlenauen im Bereich der Etsch im Vinschgau bis zu der Schwarzerlenau Burgstall) wurden bei der Waldtypisierung als Pruno- Fraxinetum typicum beschrieben. In den letzten Resten der einstigen Etschauen im Vinschgau sind die Wälder welche von der Schwarzerle dominiert werden auf Standorten mit hohen Grundwasserstand zu finden. Die Kratzbeere und nährstoffliebende krautige Arten und Gräser bilden eine üppige Krautschicht. Laubwaldarten oder Auwaldarten sind je nach Standort in den Wäldern vorhanden. Von den Baumarten ist meist die Schwarzerle dominant, wobei Grauerle, Schwazpappel, Hängebirke, Bergulme und Salweide möchlich sind. Die Esche ist eingesprengt vorhanden.

Waldfunktion: Laut Waldtypisierung bieten die Bestände Schutz vor Vermurungen aus Seitentälern und sind Lebensraum seltener Vogelarten und auch Einstand für Schalenwild.

Entwicklung: starke Beweidung und Eingrag von Dünger aus angrenzenden Flächen verändern die natürliche Pflanzengesellschaft.

Erdhaufen im geschützten Biotop Burgstaller Au
Erdhaufen im geschützten Biotop Burgstaller Au

 

Waldbauliche Behandlung: Der Schutz der Schwarzerlenvorkommen ist vorrangig, wobei alte Entwicklungsphasen erhalten werden sollen. Die periodische Überflutung der Bestände sollte ermöglicht werden (siehe Revitalisierung ). Die Befahrung der Standorte ist zu vermeiden.

Naturschutz: prioritär zu schützender Lebensraum nach FFH- Richtlinie (Natura 2000 Code 91E0)

Kleiner Wassergraben in Burgstaller Au mit Froschlöffel und Wasserstern
Kleiner Wassergraben in Burgstaller Au mit Froschlöffel und Wasserstern

 

Für Vögel sind Auwälder und Bruchwälder wichtige Lebensräume. In den Schwarzerlenwäldern des Vinschgaus können zahlreiche Vogelarten beobachtet werden, Brutvögel und Zugvögel. Bei Bestandserhebungen in einem Schwarzerlenbruchwald im Oberen Vinschgau wurden im Juni 1973 während der Brutzeit der Turmfalke, der Fasan, die Turteltaube, Kuckuck, Buntspecht, Mauersegler, Rauch- und Mehlschwalbe, Dohle, Elster, Blau- Kohl- und Weidenmeise, Waldbaumlläufer, Zaunkönig, Amsel, Sumpfrohrsänger, Gelbspötter, Mönchsgrasmück, gartengrasmücke, Dorngraumücke, Zilpzalp, Grauschnäpper, Bachstelze, Neuntöter, Stieglitz, Girlitz, Buchfink, Goldammer, Feldperling. Von diesen Arten ist die Turteltaube heute in Südtirol als Brutvogel ausgestorben.

Viele Schwarzerlenauen wurden unter Naturschutz gestellt, aber nicht alle. Auch wenn Flächen unter Naturschutz stehen, so bedeutet dies noch lange nicht, dass sie vor aufgeworfenen Erdhäufen oder anderen Unsitten sicher sind (siehe Bild oben). Über die Bedeutung der Burgstaller Au erfährt man mehr auf https://www.zobodat.at/pdf/Jb-Verein-Schutz-Bergwelt_42_1977_0087-0099.pdf.