Titelbild Wolf, Aufnahme von Stefano Andretta
Hauptartikel siehe http://biodiversitaet.bz.it/wolf/
Wölfe kommen weltweit in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor, von der Tundra der borealen Nadelwälder bis zu den Steppen Innerasiens oder den Monsunregenwäldern Indiens. Die Art wird in mehrere Unterarten eingeteilt, z.B. Tundrawolf (Canis lupus albus) in der Tundra oder der Pallipeswolf (Canis lupus pallipes) in Indien. Die meisten Wölfe Europas sind der Unterart Canis lupus lupus zuzuordnen.
Appeninwolf (Canis lupus italicus), schwarze Zeichnung auf Vorderlauf
Population und Verbreitung
Die meisten Wölfe Europas sind der Unterart Canis lupus lupus zuzuordnen, welcher in vielen Teilen Europas (z.B. Deutschland, Österreich, Belgien) ausgerottet wurde und dorthin wieder zurückkehrt. Im Jahr 2000 hatten sich erstmals seit der Ausrottung des Wolfes in Deutschland auf einem Truppenübungsplatz in der sächsischen Oberlausitz Wölfe wieder vermehrt. Im Jahr 2017/2018 gab es insgesamt wieder 73 Wolfsrudel und 30 Wolfspaare in ganz Deutschland. Auch in Österreich entstand das erste Wolfsrudel auf einem Truppenübungsplatz und 2018 gab es in Österreich wieder ca. 30 Wölfe.
In Spanien, am Balkan, in Osteuropa (z.B. Russland, Weissrussland) und in den Karpaten (z.B. Rumänien) leben ebenfalls Europas Wolfspopulationen der Unterart Canis lupus lupus. In diesen Gebieten sind Wölfe in der Vergangenheit nicht ausgerottet worden.
Der Appeninwolf in Italien wurde, wie die anderen Populationen des Wolfs auch, vom Menschen bejagt und in weiten Teilen Italiens ausgerottet.
Aufgrund der Jagd stand der Italienische Wolf um 1970 kurz vor der Ausrottung, nur an die 100 Tiere haben um 1970 im Nationalpark Abruzzen überlebt. Daher wurde der Wolf im Jahr 1976 streng unter Schutz gestellt und die Population erholte sich. Der Wolf breitete sich durch den neu erlangten vollkommen Schutzstatus wieder aus, über den den gesamten Apennin. Bereits um 1983 pflanzten sich Wölfe nördlich von Genua wieder fort. 1987 wurde erstmals wieder ein Wolf in den italienischen Alpen nachgewiesen, 1992 in den französischen Alpen und heute ist er in Südfrankreich und weiten Teilen Italiens anzutreffen (Ausnahme Poebene und Inseln). Die Anzahl der Wölfe in ganz Italien beträgt im Jahr 2018 ca. 1900 Wölfe. Im Appennin gibt es ca. 1580 Wölfe. In den Alpen Italiens (Piemont, Aosta, Lombardai, Südtirol, Trentino, Venetien, Friaul) gibt es 2015/ 2016 insgesamt mindestens 188 Wölfe (http://www.lifewolfalps.eu/wp-content/uploads/2014/05/Lo-stato-di-presenza-del-lupo-sulle-Alpi-Italiane_2014-2017.pdf) und 2017/2018 ist diese Population auf 293 angewachsen.
Der letzte Wolf in Südtirol wurde 1896 in den Dolomiten (Villnöss) erlegt. Seit 2010 sich einzelne Wölfe in Südtirol wieder heimisch und bereichern die Natur. Im Jahr 2016 halten sich in ganz Südtirol 2 Wölfe auf. 2017 gibt es Wolfspaare bzw. Rudel in Südtirol: ein Paar bewohnt das Gebiet des Deutsch- Nonsberges in der Nähe des Naturparks Ademello-Brenta im Trentino. Dieses Wolfpaar hat sich 2017 fortgepflanzt (ein Jungtier) und ein Wolfsrudel ist entstanden. 2018 wurden 4 Wolfswelpen in diesem Rudel geboren. Im Februar 2019 konnten 6 Wölfe des Rudels fotografiert werden, wobei das Rudel aus 7 Wölfen besteht. Das Rudel besteht aus dem Alpha Paar, der Jungwölfin von 2017 und den Vier Wölfen von 2018. Die Alpha Wölfin des Rudels wurde besendert und gewogen. Sie wiegt lediglich 26 kg, der Durchschnitt bei Italienischen Wölfen beträgt 28 kg. Die Wölfe des Deutschnonsberges fallen dadurch auf, dass sie oft in Fotofallen tappen. Vollkommen unauffällig sind die Wölfe, was Risse von Nutztieren angeht, wie die meisten anderen Wölfe auch.
Das andere Paar bzw. Rudel bereichert das Weltnaturerbe Dolomiten, das unter so viel Verkehr, dem Massentourismus und der intensiven Berglandwirtschaft leidet. Im Jahr 2018 konnten in Südtirol insgesamt 13 verschiedene Wölfe genetisch identifiziert werden, welche als Einzelwölfe, Wolfspaare oder in Rudeln Südtirols Artenvielfalt bereichern.
Im Trentino gibt es mehrere Rudel und Wolfspaare. 2008 tauchte der erste Wolf nach seiner Ausrottung im Trentino wieder auf. 2013 pflanzte sich das erste Wolfspaar in den Lessinischen Alpen Trentinos wieder fort und bildete ein Rudel. 2018 gab es im Trentino 6 Rudel, wobei die Rudel Südtirols (Deutschnonsberg und Dolomiten) dabei mitgezählt sind.
Neben den beiden Rudeln halten sich mehrere Einzelwölfe in Südtirol auf. Diese positive Entwicklung der Wolfspopulation in Südtirol ist einzig dem Staat Italien zu verdanken, der nicht nur die Ausrottung des Steinbocks verhinderte, sondern auch die Ausrottung des Italienischen Wolfes. Das LIFE Projekt Lifewolfalps (http://www.lifewolfalps.eu/) befasst sich mit dem Wolf in den Alpen und zahlreiche Initiativen, Kongresse und Informationsveranstaltungen wurden durchgeführt.
In einigen Gebieten Italiens tritt das Problem auf, dass sich Wölfe und Haushunde kreuzen (Hybridisierung). Auf das Problem der Hybridisierungen wird im Nationalpark Gran Sasso mit der Sterilisation der Hybriden geantwortet. Diese Praxis ist sowohl tierethisch als auch artenschützerisch eine gute Lösung. In den Alpen wurde keine Hybridisierung festgestellt.
Der Lebensraum des Wolfes ist der Wald und auch die alpinen Landschaften. Untersuchungen im nördlichen Appenin zeigten, dass die Anwesenheit des Wolfes in einem Gebiet weniger von der Vegetation abhängig ist, als vielmehr von der Häufigkeit seiner Beutetiere (Gilio N. et al. 2005).
In Italien fehlt der Wolf auf den Inseln (z.B. Sardinien, Elba, Sizilien usw.) und in naturfernen urbanen Ballungsräumen und Agrarlandschaften, wie der Poebene. Er besiedelt die Gebirgzüge (Apennin und Alpen) und kehrte nicht nur in viele Schutzgebiete, wie z.B. den Nationalpark Gargano in Apulien, sondern großflächig in die beiden großen Gebirgszüge zurück. Der Wolf ist auf einem Viertel des Staatsgebietes Italiens wieder vorhanden.
Dabei kehren von Osten nur vereinzelt Wölfe der Unterart Canis lupus lupus in die Ostalpen zurück, während der Appeninwolf in den Westalpen und Teilen der Ostalpen Rudel gebildet hat. In Trentino- Südtirol kommt meist der Appeninwolf vor. Nur einzelne Wölfe der Unterart Canis lupus lupus sind von der Dinarischen Population (Balkan) nach Trentino Südtirol eingewandert, z.B. eine Wölfin des Fleimstalrudels (Territorium Fleimstal im Trentino und Deutschofen in Südtirol).
Die beiden Unterarten treffen heute in den Alpen nach zwei Jahrhunderten der Isolation (durch die Ausrottung in den Alpen) wieder aufeinander und das Erbgut der Unterarten vermischt sich auf natürliche Art. Dies stellt eine Bereicherung der genetischen Vielfalt des Wolfes dar und ist dadurch auch für den Schutz der Wölfe ein wichtiges Ereignis (Marucco 2014).
Ernährung der Apenninwölfe
Untersuchungen zur Ernährung der Wölfe in den verschiedenen Ökosystemen der Alpen, des Apennin und des Mittelmeerraums in Italien zeigten, dass der Hauptteil der Nahrung wildlebende Huftiere sind, 89.4% bis 95.1% der Nahrung. Maximal 8% machen auch Haustiere aus. Hirsche, Gämsen, Rehe, Mufflons und Wildschweine werden von Wölfen erlegt.
Auf der Basis von 20 Untersuchungen zur Ernährung von Wölfen Italiens im Zeitraum von 1976 bis 2004 wurde festgestellt, dass sich durch die Zunahme von wilden Huftieren (Hirsche, Rehe, Mufflons usw.) auch die Ernährung der Wölfe veränderte und weniger Haustiere erbeutet wurden. Im Nordappenin und in den Westalpen ernährten sich die Wölfe mehr von Wildtieren als zuvor, im südlichen Appenin war dies nicht der Fall. Wo es verschiedene Huftierarten und reichlich Huftiere gibt, scheinen Wölfe wilde Huftiere den Haustieren vorzuziehen (Meriggi A. et al. 2011).
Funktion des Wolfes im Ökosystem
Die Rückkehr des Wolfes stellt eine der wenigen Erfolgsgeschichten im Artenschutz dar. Der Wolf ist als Raubtier, das am Ende der Nahrungskette steht, von großer Bedeutung für das Ökosystem, denn sie limitieren die Dichte von Huftieren, wie Rothirschen.
„Other than humans, gray wolves, by virtue of their widespread geographic distribution, group hunting, and year-round activity, are the most important predator of cervids in the Northern Hemisphere (33). Predation by wolves with sympatric bears (Ursus spp.) generally limits cervid densities (33). In North America and Eurasia, cervid densities were, on average, nearly six times higher in areas without wolves than in areas with wolves (34)“, http://science.sciencemag.org/content/343/6167/1241484.full
Der Wolf nimmt eine zentrale Stellung in der Nahrungskette des Waldes ein und ist für einen funktionierenden Wald unentbehrlich. Die Ausrottung des Wolfes in der Vergangenheit hat ganze Landschaften verändert: Was mit einem Lebensraum passiert, wenn seine Bewohner an der Spitze der Nahrungskette verschwunden sind, lässt sich auf der schottischen Insel Rùm beobachten. Vor 500 Jahren war die Landschaft von Wäldern geprägt, Wölfe fanden reiche Beute. Dann kam der Mensch und rottete den Wolf aus. Mit ihm verschwanden nach und nach die Wälder und heute ist Rùm eine Graslandschaft. Als der Wolf ausstarb, konnten sich seine Beutetiere, die Rehe, unbegrenzt vermehren und junge Bäume fressen. Die alten Bäume starben im Lauf der Zeit, ohne dass neue nachgewachsen waren. „Niedergang der Nahrungskette“ bezeichnen Wissenschaftler diesen Sachverhalt.
Im Prozessschutz und bei der Renaturierung von Ökosystemen leistet der Wolf einen Beitrag. ( https://www.nul-online.de/Magazin/Archiv/Gestaltet-der-Wolf-Oekosysteme-mit-Prozessschutz-mit-grossen-Beutegreifern,QUlEPTQ4NzIxNzMmTUlEPTgyMDMw.html )
Wölfe können nicht nur Landökosysteme wie Wälder verändern, Wölfe können auch Gewässerökosysteme verändern. Die Wölfe des Yellowstone Nationalparks haben durch die Regulation von Hirschen die Vegetation des Nationalparks verändert, Aspen und Weiden entlang der Bäche wuchsen wieder. Dies wirkte sich auch auf die Biberpopulation aus, die Biber nahmen zu.
Die Anwesenheit des Wolfes wirkt sich in den Alpen auch auf das Verhalten von Gamswild aus, das sich vom Wald verabschiedt und wieder vermehrt das Felsgebiet des Hochgebirges aufsucht. Diese positiven Entwicklungen wurden in der Praxis im Calandagebirge in der Schweiz von Förstern beobachtet und wissenschaftlich im Wallis dokumentiert.
Wölfe sind wichtige Glieder in de Nahrungskette eines Ökosystems. Aasfressende Vogelarten, wie Bartgeier und Gänsegeier, verzehren Fleisch- und Knochenreste der Beutetiere des Wolfes. Die Beutetiere des Wolfes sind für das Überleben anderer Tierarten von Bedeutung. Der Bartgeier kreist wieder über den Alpen und zusammen mit den Wölfen ist ein Stück Natur zurückgekehrt. In Nordamerika wurden an gerissenen Beutetieren 30 verschiedene Säugetier- und Vogelarten sowie mehr als 57 Käferarten nachgewiesen. Sie haben also auch einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt (Wilmers et al. 2003).
Der Wolf wird Gesundheitspolizei genannt, da er Jagd auf kranke und schwache Tiere macht. Von den Rothirschen erbeuten Wölfe vor allem Kälber und alte oder verletzte Tiere (Wrigth et al. 2006).
Die Gamsräude oder die Fuchsräude sind weit verbreitete Krankheiten bei Gämsen und Füchsen. Kranke Tiere sind oft sehr schwach und eine leichte Beute für den Wolf. Zu hohe Tierdichten von Füchsen sind mitverantwortlich für das Auftreten der Fuchsräude. Wildtierpopulationen, welche nicht durch Raubtiere reguliert werden, brechen häufig durch den Ausbruch von Krankheiten und Seuchen ein.
Die Rückkehr von großen Beutegreifern, wie dem Luchs, bewirken Veränderungen im Ökosystem und haben Einfluss auf Mesopredatoren wie Füchse. So wurde für Finnland nachgewiesen, dass der Anstieg der Luchspopulation einen Rückgang der Rotfuchsbestände zur Folge hatte, was wiederum eine Erholung der Bestände von Birk- und Auerhuhn sowie des Schneehasen bewirkte (Elmhagen et al. 2010).
Viele Wälder leiden unter zu hohen Rotwildbeständen. Die Rotwilddichte in Wäldern liegt örtlich bei 9,7 St./100 ha und damit viel zu hoch, 1,0 oder 2,0 St./ 100 ha oder 4 St./100 ha sind für den Wald erstrebenswert (je nach Waldtyp). Laubbaumarten wie die Eberesche und Tannen in von Fichten dominierten Wäldern der montanen Stufe leiden oft unter Wildverbiss und auch Wälder, in denen Rotwild im Winter einsteht.
Der Wolf ist ein effizienter Jäger und für die Waldverjüngung und Waldgesundheit ein wichtiges Element. Subalpine Waldtypen werden in der Verjüngung durch den Verbiss von Wild- und Weidetieren in ihrer Entwicklung gestört (Waldtypisierung Südtirol). Eine kontrollierte und verbesserte Beweidung von Almen oberhalb der Waldgrenze ist auch von Nutzen für die Biodiversität der Almenweiden (Überweidung siehe http://biodiversitaet.bz.it/alpine-landschaft/). Die Rückkehr des natürlichen Jägers Wolf in die Wälder kann dadurch nicht nur für den Wald, sondern auch für die Artenvielfalt der Almweiden von großem Nutzen sein.