Niederwaldbewirtschaftung

Traditionell wurden Südtirols Laubwälder der niederen Lagen (v.a. collin bis submontan) durch Niederwaldwirtschaft bewirtschaftet. Nach ca. 25 Jahren wurden die Bäume auf den Stock gesetzt, und die Bäume treiben wieder aus. Durch derartig kurze Umtriebszeiten sind Eichen aus den Niederwäldern verschwunden.

Niederwald: die Bäume bestehen nicht aus einem dicken Stamm, sondern aus mehreren dünnen Stämmen. Nicht alle Baumarten ertragen die Niederwaldbewirtschaftung.

In Niederwäldern wachsen die Bäume nicht einstämmig, wie von der Natur vorgesehen, sondern mehrstämmig. Heute ist diese traditionelle Bewirtschaftungsform nicht mehr mit dem Erhalt der Biodiversität vereinbar, da dadurch auch die Einwanderung von Robinien und Götterbäumen gefördert wird. Im Gemeindewald von Gargazon wurden dazu Untersuchungen gemacht und auf frischen Schlagflächen wuchern viele junge Götterbäume, welche in den alten Waldbeständen nicht vorkommen. Die Robinie dominiert bereits große Teile des Gargazoner Gemeindewaldes, eine Folge der Niederwaldwirtschaft. 

 

Niederwald ohne invasive Neophyten

 

Nach der Niederwaldnutzung dringen Götterbäume in den Wald ein (ein Götterbaum war vorher in der Nähe vorhanden)

„Beide Arten besiedeln typischerweise neu entstandene Hiebflächen, wo sie sich durch ihr rasches Wachstum dauerhaft etablieren können. Weil beide Neophyten stark von der klassischen Niederwaldbewirtschaftung profitieren, ist eine Anpassung der Bewirtschaftungspraxis notwendig, um ein Fortschreiten der Invasion zu vermeiden.“ Erkenntnisse aus einer Fallstudie von invasiven Baumarten in Südtirol, Stefan Ambraß et al. 2014 , Niederwaldbewirtschaftung und invasive Baumarten.

Götterbäume und Robinien treiben nach den Fällen sehr stark aus. Ihre Wurzeln bilden Schosse und breiten sich so weiter auf den Flächen des Waldes aus. Sie wachsen auch sehr schnell und die heimischen Arten werden verdrängt. Die Robinie verändert das gesamte Ökosystem Wald, da sie Stickstoff fixiert und den Boden düngt. Wälder, die von Robinien eingenommen werden (Robinietum), werden vegetationskundlich auch nicht zu den Wäldern gezählt.

Einige Robinien wurden am Wegesrand gefällt
Robinienschosse überwuchern die ganze Böschung nur ein Jahr später und breiten sich weiter aus.

In der Waldtypisierung wurden Niederwälder aufgezählt, die in Hochwälder überführt werden sollen, wie etwa der Silikat- Hopfenbuchen- Traubeneichenwald mit Kastanie oder der Mannaeschen- Hopfenbuchenwald mit Linde. Dass Robinien nicht auf den Stock gesetzt werden sollen, wurde dort ebenfalls geschrieben. Leider werden Wälder nach wie vor als Niederwälder bewirtschaftet und Robinien auf den Stock gesetzt. Südtiols Wäldern geht es schlecht und eine Besserung ist nicht in Sicht. 

In Südtirol werden auch geschützte Waldtypen, welche für den Naturschutz von großer Bedeutung sind, etwa die Schwarzerlenbruchwälder, nach Niederwaldrichtlinien bewirtschaftet werden. Schwarzerlenbruchwälder sind seltene und nach der FFH- Richtilinie prioritär zu schützende Wälder.

mehrstämmige Schwarzerle durch Niederwaldbewirtschaftung
Schwarzerlenbruchwald- als Niederwald genutzt.

Auch andere Waldtypen wurden wie etwa der Karbonat- (Hopfenbuchen) Buchen- Schuttwald mit Neinblatt- Zweizahn sieht oft wie ein Niederwald aus. Dieser Waldtyp gehört ebenfalls zu den geschützen Waldtypen nach der FFH- Richtlinie (Kode 91K0), die Eibe kommt in diesen Wäldern auch vor.

Junge Eibe zwischen Hopfenbuchen, welche als Niederwald genutzt wurden.

Nach den Niederwaldbewirtschaftungrichtlinien des Forstgesetzes der Provinz Bozen von 1996 erfolgt die Bewirtschaftung. Bäume mit dicken Stämmen fehlen dadurch in diesen Wäldern, mehrtriebig treiben sie aus dem Stock. Um den Bedarf an Brennholz zu decken betrieb man die Niederwaldwirtschaft seit dem Mittelalter. Als vor hundert Jahren fossile Brennstoffe zur Hauptenergiequelle wurden, wurde vielfach diese Bewirtschaftungsform aufgegeben.

Die Wälder lieferten und liefern vor allem Brennholz (siehe Bild). Die Laubwälder wurden dabei auch alle 8 bis 15 Jahre auf-den-Stock-gesetzt. Zustätzlich zu den kurzen Umtriebszeiten trieb man auch Vieh zum Weiden in den Wald, so auch in die Schwarzerlenauen des Vinschgaus und es wurde auch Laub als Einstreu für Ställe in den Laubwäldern gesammelt. Durch diese intensive Nutzung wurde der natürliche Nährstoffkreislauf gestört. Vielerorts verarmte der Boden und die Wüchsigkeit ließ nach. Um dem zu entgegnen, wurde die Waldnutzung reguliert. Auch die Hopfenbuchenwälder Südtirols wurden so genutzt und heute ist diese Bewirtschaftungsart absolut nicht mehr zeitgemäß- schon alleine wegen der invasiven Neophyten, die solche Flächen schnell einnehmen können. In Schwarzerlenauwäldern breitet sich dadurch etwa das Drüsige Springkraut aus und große Flächen der Hopfenbuchenwälder sind in Südtirol von Robinien überwuchert und keine artenreichen Wälder mehr, sondern artenarme degradierte „Wälder“. Die Problematik der Neophyteninvasion ist in der Broschüre über traditionelle Formen der Land- und Forstwirtschaft in Südtirol ebenfalls dargestellt worden.

Gelb blühende Strauchkronwicke: die Laubwälder der niederen Lagen sind sehr artenreich insbesondere was Gehölzarten betrifft.

Die Niederwaldwirtschaft hat auch dazu geführt, dass es in den Niederwäldern keine Bäume mit dicken Stämmen gibt, in denen etwa Vögel brüten können und Baumarten wie Eichen, Zürgelbaum, Linde, Echte Mehlbeere usw. wurden weniger- sie vertragen das häufige Abholzen nicht. Die Laubwälder der niederen Lagen Südtirols sind jedoch ungemein reich an Baum- und Straucharten. Insbesondere Bruthöhlen für Vögel oder Quartiere für Fledermäuse können in Niederwäldern nur schwer gefunden werden, da große dicke Bäume fehlen, in denen Spechte Höhlen angelegt haben. Die geringe Anzahl von Eichen in diesen Wäldern bedeutet auch für Arten wie Eichhörnchen, dass es keine Eicheln zu sammeln und wenig Futter gibt. Die Niederwaldbewirtschaftung hat zum Verlust von Lebensraum im Wald geführt.

Elsbeere (Sorbus tominalis)- in Südtirols Wäldern wachsen viele junge Bäume der Art heran

Die Elsbeere (siehe Bild) ist etwa ein Baum, der weit verbreitet ist, jedoch fehlen große Bäume in den Laubwäldern.  Ein Festmeter Elsbeerenholz kostet über 700 Euro und das Holz gehört zu den teuersten und härtesten Hölzern Europas. Für die Produktion von hochwertigen Möbeln wird der Baum verwendet. Jedoch fehlen diese Bäume in den Wäldern Südtirols, da die Laubwälder der niederen Lagen durch Niederwaldwirtschaft bewirtschaftet wurden. Dasselbe tirfft auch auf andere Bäume zu, wie Kastanien, Linden, Feldahorn, Vogelkirsche usw. Durch die Niederwaldwirtschaft wurden diese Baumarten, welche das auf den Stock setzten schlecht vertragen, immer weniger. Eichen, Elsbeeren usw. sind gefragtes Holz und bringen gute Erlöse, ein Festmeter Fichtenholz bringt hingegen wesentlich weniger Geld, nur etwa 70 Euro pro Festmeter oder auch nur 40 Euro und nicht 700 Euro wie das Holz der Elsbeere. Viele Laubbaumarten sind nicht nur für die Biodiversität wertvoll und kostbar, sondern auch für Geldtasche der Waldbesitzer.

Das auf den Stock setzten von Bäumen wie in der Niederwaldwirtschaft üblich, sollte vollkommen unterlassen werden. Die Wälder sollten nach hunderten Jahren der intensiven Nutzung einmal ein Jahrhundert nicht mehr genutzt werden, damit der Wald wieder zu einem echten Wald werden kann.