Bären in Südtriol

Titelbild Bär (Ursus arctos arctos), Aufnahme von Stefano Andretta

 

  1. Lebensraum und Verbreitung
  2. Schutz und Gefährung
  3. Ausrottung der Bären und Erhaltungprojekt “Life Ursus”
  4. Bären in der Presse und Fakenewes (mit updates)

 

  1. Lebensraum und Verbreitung:
Bär Verbreitung in Europa (Bildquelle: Europäische Kommission)
Verbreitung der Bären in Europa (Bildquelle: Europäische Komission)

 

In Europa waren Bären einst überall verbreitet und heute gibt es sie nur noch in wenigen Gebieten in Europa (siehe Karte), sie wurden in weiten Teilen Europas  ausgerottet.

Der Bestand in ganz Europa mit Russland wird auf ca. 50.000 geschätzt. In der EU gibt es ca. 15.000 Bären.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine Bären mehr, nur einzelne Individiuen die manchmal einwandern. In ganz Italien gibt es nur noch zwei isolierte kleine Bärenvorkommen, im Bereich des Naturparks Ademello Brenta in den Alpen (= Alpine Population) und dem Abruzzen Natzionalpark im Appennin (=Zentral- Appennin Population)  mit weniger als jeweils 100 Bären.

Die Initiative „Large Carnivor Initative for Europa“ listet folgende Populationen in Europa auf und gibt Auskunft über die Bestandsgröße und die Besandtrends:

Population  Staaten Größe

(2012-2016)

Bestand-Trend
Skandinavische Norwegen, Schweden 2825 Abnahme
Karelische Norwegen, Finnland 1660 stabil
Baltische Estland, Lettland 700 stabil
Karpaten Rumänien, Polen, Slovakei, Serbien 7630 stabil
Dinarisch-Pindisch Slowenien, Kroatien, Bosinien-Herzegowina, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Serbien, Griechenland 3950 stabil- zunehmend
Alpine Italien, Schweiz, Österreich, Slowenien 49-69 stabil -zunehmend
Ostbalkan Bulgarien, Griechenland, Serbien 468-665 stabil
Zentral-Appenninische Italien 45-69 stabil
Kantabrische Spanien 321-335 zunehmend
Pyrenäen Frankreich, Spanien 30 stabil

 

In in Italien kommt auch eine eigene Unterart des Braunbären vor, der Marsische Braubär (Ursus arctos marsicanus). Die Population des Marsischen Braunbären umfasst ca. 45 bis 69 Individuen.

In den Alpen kommen Braunbären (Ursus arctos arctos) nur in wenigen Restpopulationen vor: im Grenzgebiet zu Slowenien sowie im Naturpark Ademello Brenta im Trentino und dessen Umkreis. Von dieser Populationen wandern junge Bärenmännchen immer wieder nach Österreich, in die Schweiz und selten nach Deutschland.

Die Bärenpopulation im Staat Slowenien umfasst mehrere Hundert Individuen und ist damit wesentlich größer als der Bestand in Italien. Die Bären Sloweniens leben weniger in den Alpen Sloweniens als vielmehr im Süden des Landes als Teil der dinarisch-pindischen Population. In den naturnahen Wirtschaftswäldern Sloweniens mit kleinbäuerlicher Landwirtschaft gibt es recht viele Bären, Wölfe und Luchse. Auf einer Fläche von 280km² wurden 100 Bären, 6 Wolfsrudel und 9 Luchse gezählt. Der Nationalpark Stilfser Joch in Italien hat eine Fläche von 1346km² und dort gibt es nur einige Wölfe. Wildtiere sind generell sehr selten in Südtirol zu sehen. Dafür gibt es zigtausende Rinder in Kühställen oder auf Bergen (siehe auch http://biodiversitaet.bz.it/alpine-landschaft/). Das Lifeprojekt „DINALP Bear“ (https://dinalpbear.eu/de/) beschäftigte sich mit der alpinen und dinarischen Bärenpopulation.

Isolierte kleine Populationen, wie die Population der Braunbären im Trentino sind einem wesentlich höherem Aussterberisiko ausgesetzt als individuenreiche Populationen in großen zusammenhängenden Verbreitungsgebieten.So ist auch der Bärenbestand in Österreich, der sich aus dem  Wiederansiedlungsprojekt um den 1972 selbstständig zugewanderten „Ötscherbären“ entwickelt hatte, 2011 erloschen. 

Bärenfamilie (Bildquelle: Europäische Kommission)
Bärenfamilie (Bildquelle: Europäische Kommission)

Die Bären der Alpen leben nicht territorial, d. h. sie verteidigen ihren Lebensraum nicht aktiv vor anderen Artgenossen. Bären sind Einzelgänger, nur während der Paarungszeit streifen Bären kurze Zeit gemeinsam durch ihren Lebensraum. Weibliche Bären in den Alpen haben wesentlich kleinere Reviere als männliche Bären, welche weiter umherstreifen. Die Bärenweibchen führen ihre Jungen meist zwei Jahre, manchmal auch drei und bringen ein bis drei Junge im Winter zur Welt. Ungefähr alle vier Jahre bekommen Bärenweibchen Junge. Mit 4 bis 6 Jahren sind Bären ausgewachsen und sie erreichen ein Alter von 20 bis 30 Jahren. 

In Höhlen und Erdlöchern überwintern Bären

Foto: Höhlen in Buchenwald der Mendel in Südtirol, Bären haben auf dem Mendelkamm auch überwintert

Bären benötigen geeigntete Winterquartiere (Höhlen, Erdlöcher usw) zum Überwintern und bauen sich dort Ruhelager. Der Winterschlaf der Bären ist kein „Winterkoma“, sondern ein Winterschlaf bzw. eine Winterruhe. Im Winterschlaf bzw. der Winterruhe der Bären wird die Atem- und die Pulsfrequenz verlangsamt und sie sind immer in der Lage aufzuwachen. Andere Säugetiere wie Igel, die Winterschlaf machen, würden nicht aufwachen, wenn man sie im Winterschlaf stört. Bären werden leicht aktiv und bei milderen Temperaturen unterbrechen sie auch ihre Winterruhe und nehmen auch Nahrung zu sich. 

Bären bewohnen einen für sie nahrungsreichen Lebensraum, den sie vor allem in artenreichen Mischwäldern und Laubwäldern findern, in denen sie pflanzliche Nahrung und tierische Nahrung zu sich nehmen, sie sind Allesfresser. Ob Frösche, Insekten, Insektenlarven im Totholz und im Boden, Heidelbeeren, Buchäcker, Fallobst, Schnecken oder Wurzeln von Jungbäumen, die Nahrung ist vielfältig. Bären gehören zur systematischen Ordnung der Raubtiere (=Carnivora), jedoch ernähren sich einige Bären, wie etwa der Pandabär rein pflanzlich. Braunbären sind opportunistische Allesfresser und ernähren sich je nach Region unterschiedlich. 60% der Nahrung der Bären der alpinen Population machen Pflanzen aus und die zentralappenninische Population des Marsischen Braunbären ernährt sich zu 80% von Pflanzen. Krautige Pflanzen machen sogar 87,5% der Nahrung von Bären im Nordosten der Türkei aus (Ambarli 2016).

In einigen Regionen decken Fische (z.B. Lachse Kamtschakabären) den Hauptteil der Nahrung, speziell zur Fortpflanzung und zum Aufbau von Fettresserven. Die Kamtschatkabären gehören zu den größten Braunbären der Welt. Die Braunbären Europas hingegen verzehren vor allem Pflanzen bzw. Pflanzenteile und sind wesentlich kleiner als nordamerikanische Grizzlybären oder russische Kamtschatkabären. Braunbären jagen nicht wie andere große Beutegreifer Rehe oder andere Huftiere, sie sind zu langsam um gesunde ausgewachsene Rehe oder Hirschen zu erbeuten. Fleisch und Aas macht nur ungefähr 5% der Nahrung in Europa aus. Aas finden Bären vor allem nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf, da durch den Winter viele Huftiere umkommen. In harten Wintern wie 2018 wurden alleine in Südtirol ca.3000 tote Hirsche, Rehe, Steinböcke und Gämsen gezählt und diese Tierkadaver sind nicht nur für Aasfresser wie Bartgeier eine wichtige Nahrungsquelle. Kommen Bären und Wölfe in einem Gebiet gemeinsam vor, so können Bären den Wölfen ihre Beute streitig machen. Ihr guter Geruchsinn führt sie zu gerissenen bzw. toten Tieren und sie fressen dann an der Beute der Wölfe mit.

Bären verfügen über einen ausgezeichnteten Geruchssinn und können Leckerbissen wie Honigwaben über eine weite Distanz riechen und auch zielgerecht Bienenstöcke ansteuern. Imker können Bären vom Verzehr der Bienenwaben abhalten, indem die Bienenstöcke mit einem Elektrozaun gesichert werden. Als intelligente und anpassungsfähige Tiere können Bären auch neue Nahrungsquellen erschließen und wühlen auch in Mülleinmern oder Komposthaufen nach Essbarem. Ein Bär wäre in der Lage eine Kühlschranktür zu öffnen und sich zu bedienen. In einsamen Waldhütten in Bärengebieten sollten Haustüren stets verschlossen sein, weniger wegen Einbrechern als vielmehr wegen Tieren wie Bären oder eventuell auch Mäusen oder Füchsen.

Buchenwald: typischer Bärenlebensraum in Italien
Buchenwald: typischer Lebensraum für Bären in Italien

Im Trentino und auch in Südtirol auf dem Mendelkamm gab es einige Personen, die Bären bei ihren Häusern in den Wäldern fütterten. Dadurch wurden Bären auch auf die Suche nach Nahrung bei Gebäuden kondizioniert und manch ein als  „Problembär“ eingestufter Bär ist dadurch entstanden, etwa der „Problembär“ Bruno (JJ1).

Bären sind scheue Wildtiere, wie Hirsche, Waldvögel und andere typische Bewohner von Wäldern. Nur sehr selten treffen Menschen auf Bären und auch in Gebieten, wo es viele Bären gibt, sind Bärenbegegnungen selten. Förster, Jäger und Waldbesitzer treffen am häufigsten auf Bären. Bären meiden generell menschliche Siedlungen und den Menschen, wobei es Ausnahmen gibt. Während des strengen Lockdowns in der Coronakrise im Mai 2020 wanderte ein Bär im Trentino auch ins Dorf Calliniano und kletterte auf einen Balkon. Wenige Tage später wurde ein Bär gefilmt, wie er einen Mülleimer vor einem coronabedingt geschlossenen Hotel nach Essbarem durchsuchte (https://www.tageszeitung.it/2020/05/11/baer-im-restaurant/).

Europas Bären bewohnen vor allem die Wälder und je nach Saison wandern sie im Gebirge auch in höhere Lagen. Ihre komplexe Lebensgeschichte und die Saisonalität spielen eine wichtige Rolle in der Wahl des Lebensraums. Untersuchungen in der Karpaten ergaben, dass Bären pro Tag durchschnittlich 1818 m wanderten. Die besenderte Bären bewegten sich durchschnittlich auf einer Aktivitätsfläche von insgesamt 36 km², wobei kein Unterschied zwischen Männchen und Weibchen festgestellt wurde. Von 230m bis 1630m Seehöhe sind die Bären in den Karpaten unterwegs. Je nach Saison wandern sie in unterschiedlichen Höhenlagen und auch unterschiedlich weit (Pop et al 2016). Die alpine Population lebt vorwiegend von 700 bis 1800 m Seehöhe und je nach Saison ist die Nahrung verschieden, im Frühjahr sind es vor allem Keimlinge von Pflanzen, Blättern von Stauden, Pilze und Aas von im Winter verstorbenen Huftieren. Im Sommer sind Blüten, Blätter von krautigen Pflanzen und Bäumen, Wildfrüchte und Insekten auf dem Speiseplan. Im Herbst fressen Bären am meisten, zur Vorbereitung auf den langen Winterschlaf müssen Bären Fettreserven aufbauen (Hyperphagie). Beeren, Äpfel, Birnen, Mais und alle andere Fressbare wird in dieser Zeit in großen Mengen konsumiert.

Nahrungslöcher von Spechten: Bären schaffen Lebensraum für Spechte und InsektenBären sind ökologische Ingenieure und spielen im Waldökosystemen eine wichtige Rolle. Bären kratzen an Bäumen und brechen die Rinde weg. Sie beschädigen Bäume beim Fressen und beim Markieren ihres Reviers. Dadurch öffenen sie für holzbewohnende Insekten eine Möglichkeit, in das Holz der Bäume vorzudringen. Holzbewohnende Insektenarten, insbesondere Käferarten, gehören zu den am meisten gefährdeten Tierarten und sind selten. Untersuchungen in Polen zeigten, dass in 43% der angekratzen Bäume Löcher von holzbohrenden Insekten waren und in 33% waren Spuren von Spechten. Speziell in alten Wunden in den Bäumen (mehr als 5 Jahre) war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass holzbohrende Insekten (darunter viele gefährdete Arten) und Spechte feststellbar waren. Dies zeigte, dass Bärenwunden in Bäumen Fortpflanzungsstätten und Nahrung für Insekten- und Spechtarten bot. Sie spielen damit eine wichtige Rolle beim Bau von ökologischen Nischen und als ökologische Ingenieure (Gorzynska et al 2014).

Wie Wölfe können Bären auch Ökosysteme gestalten, in den regenreichen Wäldern an der Westküste Kanadas sind die Wälder extrem niederschlagsreich (Regenwälder) und die Böden nährstoffarm. Bären erbeuten die Fische in den Bächen und essen diese an Land. Die verwesenden Kadaver düngen den Boden und Nährstoffe werden dem Waldökosystem zugeführt. was sich in der Pflanzenartenzusammensetzung wiederspiegelt.

In Rumänien sorgten „Müllbären“ vor Jahren vor allem in der Gegend von Brasov immer wieder für Aufsehen (https://www.youtube.com/watch?v=imp6iKKwqGU). Wie im Video zu sehen ist, beobachteten Passanten einen Bären vollkommen gelassen und unaufgeregt. Essende Bären verscheuchen, wäre auch nicht ganz ungefährlich. „Müllbären“ werden leicht zu „Problembären“ und in Rumänien wurden viele „Problembären“ eingefangen. Das Land verfügt heute über das größte eingezäunte Bärenheim der Welt (Bear Sanctuary Zarnesti) mit einer Fläche von 69 Hekar und ca. 100 gefangenen „Problembären“. Am Eingang dieses Bärenheims steht in rumänischer Sprache: „Das Heim wurde für Bären geschaffen und nicht für Menschen“. Die Bären können aber von außen beobachtet werden (https://www.youtube.com/watch?v=rkXT6l4-_ao) und sind zu einem Besuchermagnet geworden.

2.) Schutz und Gefährung

Schutz: Der Braunbär ist durch die Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensräume), die FFH Richtlinie der EU Anhang II und IV und in Italien durch das Italienische Rahmengesetz Nr. 157 geschützt. Die FFH-Richtline 92/43/EWG verpflichtet zudem die Mitgliedstaaten, den Erhaltungszustand der Braunbärenpopulationen zu überwachen und die Forschung und den Informationsaustausch zu fördern. Darüberhinaus sind Bären durch die Alpenkonventionen – Protokoll über die Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Naturschutz und Landschaftsgestaltung und die Biodiverstitäskonvention (Rio de Janero 1992) geschützt.

Gefährdung:

Global ist der Bestand der Braubären (Ursus arctos) kaum gefährdet. In vielen Staaten Europas ist die Art jedoch ausgestorben ( z.B. Deutschland, Schweiz, England, Österreich, Belgien usw.) oder vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet (z.B. Frankreich, Spanien, Italien usw.).

Ausgestorben sind Unterarten, wie der Atlasbär (Ursus arctos crowtheri) im Atlasgebirge in Nordafrika oder der Kalifornische Braunbär (Ursus arctos californicus) in Kalifornien  oder der Mexikanische Braunbär (Ursus arctos nelsoni). Die genetische Vielfalt der Bären hat stark abgenommen. Extrem wenige Individuen und kleine Populationen existieren von einigen Uternarten:  Syrischer Braunbär, Isabellbär, Gobibär, Marsicher Braunbär usw.

Rote Liste Italien: vom Aussterben bedroht. Von den 576 bewerteten Arten der Roten Liste der Wirbeltiere Italiens gehört der Bär neben 16 weiteren Landtieren in die höchste  Gefährdungskategorie.  (http://www.iucn.it/pdf/Comitato_IUCN_Lista_Rossa_dei_vertebrati_italiani.pdf)

Gefährdungsursachen:

Für die Bären Europas gelten folgende Gefährdungsursachen:

  • Lebensraumverlust durch Infrastrukturentwicklung
  • Störungen
  • geringe Akzeptanz (siehe Punkt 4, Bären in Presse)
  • schlechte Managementstrukturen
  • intrinsische Faktoren
  • Unfallmortalität
  • Verfolgung usw.

3.) Ausrottung der Bären und Erhaltungprojekt „Life Ursus“ im Trentino

Bären wurden weltweit und in ganz Europa systematisch über Jahrhunderte gejagt und ausgerottet. In den Alpen überlebten nur die Bären im Trentino, sie wurden dort niemals ausgerottet. Der letzte Bär im Atlasgebirge Nordafrikas wurde im Jahr 1869 von Jägern abgeschossen und die Unterart des Atlasbären starb aus. In Großbrittannien waren Bären bereits um das Jahr 1000 ausgerottet. 1835 wurde der letzte Bär Deutschlands getötet und die Art in Deutschland damit ausgerottet. In der Schweiz war der Bär erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet worden.

In Österreich waren Bären Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend ausgerottet, wobei immer wieder Bären aus der dinarischen Population zuwandern. In Österreich gab es für einige Zeit eine stabile kleine Braunbärenpopulation, die sich aus dem  Wiederansiedlungsprojekt um den 1972 selbstständig zugewanderten „Ötscherbären“ aus Slowenien entwickelt hatte. In den nördlichen Kalkalpen und karnischen Alpen hatte sich eine Population entwickelt, insgesamt 35 Bären wurden nachgewiesen. 2011 ist diese Population erloschen und der Bär damit ein zweites Mal in Österreich ausgestorben. Nur noch das Bärenmännchen Moritz lebte 2011und um 1999 gab es zwölf Bären zur gleichen Zeit. Das letzte sich fortpflanzende Weibchen verschwand 2007. Das Landeskriminalamt Niederösterreich hat einen illegalen Abschuss zweifelsfrei nachweisen, die Ursache des Verschwindens der meisten Bären ist ungeklärt, sie verschwanden auf mysteröse Art. 

Der männliche Jungbär Bruno (JJ1) wanderte von Trentino- Südtirol sehr weit bis nach Bayern und erlangte Berühmtheit, da er als erster seiner Art nach 170 Jahren der Abwesenheit in Bayern auftauchte. Er war als Problembär eingestuft und die Bayrische Regierung ordnete den Abschuss des Bären an. In Italien werden Problembären gefangen und in Gehege gebracht. Die Bären Europas sind für Menschen ungefährlich. In Südtirol wurde 1930 der letzte Braunbär im Ultental erlegt. 

Bär im Gemälde (renoviert 1823), Kirchenportal von St. Gertraud im Ultental
Darstellung einer Jagdszene mit Bär  (renoviert 1823), Kirchenportal von St. Gertraud im Ultental

 

Im Gebiet des Naturparks Ademello Brenta, unweit des Mendelkamms und Ultentals in Südtirol, wurden Bären niemals ausgerottet. Bis 1990 pflanzten sich die Bären alljährlich fort. Im Zeitraum 1980 bis 1986 gab es noch 11 bis 14 Bären, 1987 bis 1991 nur noch 8 bis 10. Die Population schrumpfte immer weiter (Osti F. 1993). 

Das Projekt “Life Ursus” wurde 1996 ins Leben gerufen, um das Überleben der letzten Braunbären zu sicheren. Die einzige Möglichkeit bestand darin, Bären aus Slowenien im Gebiet anzusiedeln und den Bestand zu stützen. Es wurden 9 Bären (3 männliche und 6 weibliche Bären) im Naturpark angesiedelt, mit dem mittel- und langfristigen Ziel einer vitalen Bärenpopulation von 40 bis 50 Individuen.

Machbarkeitsstudien ergaben, dass die 1700 km² grosse Fläche des Ademello- Brenta Gebietes und angrenzender Teile der Provinzen Bozen, Brescia, Verona und Sondrio ausreichen, um eine vitale Bärenpolulation zu beherbgen. 1999 wurden die ersten Bären angesiedelt: Masun und Kirka. Zwischen 2000 und 2002 wurden weitere 8 Tiere eingesetzt. Eine Bärin, Maja wurde eingesetzt, da die Bärin Irma im Jahr 2001 verunglückte und starb.

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Zwischen 2002 und 2015 sind durch 48 bekannte Würfe 101 Jungbären geboren worden. Im Jahr 2015 wird geschätzt, dass es sich im Gebiet des Ademello Brenta und den angrenzenden Gebieten (in Südtirol: Mendel, Ultental, Martelltal) um eine Population von 48 -54 Tieren handelt. Die Reviere der weiblichen Bären mit Jungen befinden sich fast ausnahmslos im Ostteil des Naturpark Ademello Brenta.

Namen tragen nicht alle Bären. Die erfassten Bären haben einen Code von Buchstabe und Zahl. Seit dem Jahr 2005 sind Bären mehr oder weniger regelmäßig in Südtirol anzutreffen. Im Jahr 2019 konnten in Südtirol z.B. vier verschiedene Bären nachgewiesen werden, meist handelt es sich um junge Bärenmännchen. Die Population des Ademello-Brenta umfasst 2019 insgesamt sicher 66 ausgewachsene Bären, davon 27 Männchen und 39 Weibchen. Dazu kommen 16 bis 21 Junge, was einen Bestand von 82 bis 93 Exemplare ergibt. Ein Bär gilt erst ab dem Alter von 5 Jahren als ausgewachsen, als adultes Tier. Die Bärenweibchen frequentieren 2019 eine Fläche von 1.516 km² im Osten des Trentino und die Bärenmännchen eine Fläche von 45.327 km². Das Gebiet der Männchen erstreckt sich weit über das Trentino hinaus über Südtirol, Graubünden in der Schweiz, Nordtirol in Österreich usw.

Die Bärenpopulation entwickelt sich stabil und nimmt auch zu, was sehr erfreulich ist. So wurde eine Tierart erfolgreich vor dem Aussterben bewahrt. 

Seit 2003 wurden 34 tote Bären gezählt. Die Todesursache von 10 ist natürlich (29%), etwa durch Steinschlag oder Alter. 15 sind durch den Menschen bedingt (44%) gestorben und für 9 Fälle (27%) ist die Todesursache nicht bekannt.Anthropogen bedingt starben durch illegale Abschüsse 4 Bären, 4 Bären durch autorisierte Abschüsse ( JJ1 „Bruno“ in Deutschland, zwei in der Schweiz und einer im Trentino) und 7 Bären starben durch Unfälle (https://grandicarnivori.provincia.tn.it/Rapporto-Orso-e-grandi-carnivori/Rapporto-Grandi-carnivori-2019).

Das Europäische Projekt “Life Ursus”, mit dem Ziel Bären vor dem Aussterben zu bewahren, war erfolgreich, wenngleich die Ausbreitung von Bären wesentlich langsamer erfolgt als die Ausbreitung von Wölfen. Einzelne Bärensichtungen gibt es immer wieder in verschiedenen Gebieten Südtirols, jedoch handelt es sich dabei meist um junge Männchen und nicht um fixe Territorien mit Bärenweibchen, die sich vermehren und Junge führen. Die Reviere der Bärenweibchen mit ihren Jungen finden sich ausnahmslos im Bereich des Naturparks Ademello Brenta. Nur einzelne wanderfreudige Bärenweibchen hielten sich auch in Südtirol auf. Vida gehörte zu den Bären, die angesiedelt wurden und sich sehr weit bewegte. 2001 war sie in Südtirol und wurde bei ihrer nächtlichen Überquerung der Brennerautobahn angefahren.

Die Autonome Provinz Trient veröffentlicht Berichte, in denen die Situation der Bärenpopulation sehr gut dargestellt ist und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit und dem Erhalt der Biodiversität. Der Bär ist eine Flagschiffart der Biodiversität und steht als Art für eine intakte Natur. Naturschutzorganisationen wie der WWF sind sehr engagiert im Erhalt und Schutz der Bären Europas und auch einige Staaten und die EU bemühen sich, um den Schutz und Erhalt dieser Tierart. Meist scheitert der Schutz von Arten und die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes an den einzelnen Ländern und in der Provinz Bozen ist man von einem günstigen Erhaltungszustand der Art meilenweit entfernt. Ansiedlungen von Bärenweibchen zur Rettung der Braunbären Österreichs scheiterten am Land Steiermark, das Bundesland Niederösterreich war dafür. Die Republik Österreich konnte dadurch ihrer Verpflichtung zur Erhaltung der Arten nicht nachkommen. In Italien bemüht sich das Umweltministerium für den Erhalt der Art, auf Provinzebene gibt es jedoch große Widerstände.

In Südtirol erklärten sich sogar einige Gemeinden für wolf- und bärenfrei, es sollen die Bürgermeister beauftragt werden, alle rechtlich zulässigen Mittel und Maßnahmen zu ergreifen, welche dazu dienen können, dass die Gemeinden „Wolf- und Bärenfrei“ bleiben (https://www.stol.it/artikel/panorama/gemeinderat-von-bruneck-stimmt-fuer-ein-baeren-und-wolffreies-sued-tirol). Erinnerungen werden wach an das berühmte Gerichtsurteil von Glurns vor 500 Jahren, als Wühlmäuse dazu verurteilt wurden, ihre Äcker und Wiesen in vierzehn Tagen zu räumen, hinwegziehen und in ewigen Zeiten dahin nicht mehr zurückzukommen, wie im Urteilsspruch des Mäuseprozesses am 2. Mai 1520 in Glurns verkündet wurde.

4.) Bären in der Presse und Fakenews (mit updates)

Bären und auch Wölfen begegnet der Mensch weniger in der Natur, als vielmehr in der Presse, welche sich auf Nachrichten von Bären geradezu stürzt. Ist ein Bär beteiligt, so werden häufige Vorfälle, wie leicht verletzte Personen, zu Nachrichten, die nicht nur lokal sondern international verbreitet werden. Auch über eine tote Frau durch einen Bärenangriff in Kanada, erfährt man aus Medienn. (https://www.n-tv.de/panorama/Baer-toetet-Frau-und-ihr-Vater-hoert-dabei-zu-article21997743.html).

Während es kein leicht Verletzter durch einen Verkehrsunfall in Südtirol in eine Bildzeitung in Deutschland schafft, berichtet diese „VATER UND SOHN VON RAUBTIER IN SÜDTIROL SCHWER VERLETZT“. Sie zeigt die Bilder von angeblich schwer Verletzten (eine Person stürzte). (https://www.bild.de/news/ausland/news/vater-und-sohn-von-raubtier-in-suedtirol-schwer-verletzt-erschiesst-den-baeren-n-71544474.bild.html.). Der Vorfall ereignete sich nicht in Südtirol  (siehe unten Fakenews: „Dutzende Bären in Südtirol“) und die beiden Männer waren auch nicht schwer verletzt (ein Beinbruch durch den Sturz, Fleischwunden und Prellungen).

In deutschen Medien löste dieser Bärenangriff eine wahre Flut an Falschinformationen aus. In der FAZ, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/in-norditalien-gibt-es-einen-neuen-problembaeren-16830737.html, Juni 2020) wurde geschrieben, dass es 82 bis 93 ausgewachsene Bären gäbe, wobei darin die Jungbären von 2019 mitgezählt sind, welche noch ihre Muttertiere begleiten und nicht ausgewachsen sind. Bären im Trentino gäbe es seit 1999 wieder, wird geschrieben, jedoch gibt es diese seit dem Rückzug der Gletscher nach der letzten Eiszeit. Die Bären im Trentino gab und gibt es immer. Dem Leser wird damit ein Bär aufgebunden.

Durch die unverhältnismäßige Berichterstattung, Fakenews, mangelhafte Darstellung der Bedeutung der Biodiversität, des Natur- und Artensschutzes, der Bedeutung der Arten für das Ökosystem und allgemeine Bedeutung von Bären (z.B. Bären als touristische Attraktion, Bären als religöses Attribut des hl. Romedius usw.) wird die Akzepanz von Bären in der Bevölkerung verringert. Die geringe Akzeptanz ist eine Gefährdungsursache für Bären (siehe Punkt 2) und ein Teil der Presse gefährdet mit einer derartigen unverhältnismäßigen und mangelhaften Berichterstattung den Fortbestand der Bären, die Biodiversität und das natürliche Erbe der Menschheit. 

Fakenews:

Die Autonome Provinz Trient zeigt ebenfalls Falschnachrichten von Bären auf (https://grandicarnivori.provincia.tn.it/Notizia-vera-o-falsa).

(https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ausgewilderte-baeren-jurka-und-ihre-kinder-1680539.html)

Die FAZ schreibt am 31.08.2008 eine Geschichte zu Bären und dort steht, dass sieben Männchen und drei Weibchen im Trentino angesiedelt wurden. Jedoch ist es genau umgekehrt, mehr Weibchen als Männchen wurden angesiedelt. Die Landschaft des Toveltals wird im Artikel beschrieben „als habe sie jemand zusammengezogen“. Der See sei von überschaubarer Größe steht in dem Artikel und vollkommen lieblos und ohne Augen für die Schönheit der Natur wird alles beschrieben. Der „überschaubare“ Tovelsee und die „zusammengezogene“ Bergwelt sieht so aus:

Freilich sind die Berge im Trentino wesentlich weniger „zusammengezogen“ und viel weiter, als die Häuserschluchten in Städten wie Frankfurt. Den Bären gefällt die Gegend und vielen Besuchern auch. Mit sehr sehr viel Glück können Besucher vielleicht auch einen Bären sehen. Bärenbegegnungen sind aber sehr selten, auch in Gebieten mit vielen Bären wie um den Tovelsee.

BÄR M 13

Der Bär M 13 wurde 2009 im Trentino geboren und wanderte von dort nach Österreich, in die Schweiz und auch ins Ultental, wo er sich manchmal auch in der Nähe von Häusen blicken ließ. Am Weißbrunnparkplatz wurde mit dem Bären auch Werbung gemacht, da er dort auch gesichtet worden war und ein Restaurant in St. Walburg ist nach ihm benannt.

Restaurant M 13 im Ultental- benannt nach Bär M 13
Restaurant M 13 im Ultental- benannt nach Bär M 13

M 13 war kein gewöhlicher Bär, denn er soll einen Baum umgestürzt haben, der daraufhin in eine Stromleitung fiel und dann einen Brand auslöste. Auf der Suche nach dem Bären, der mit einem Peilsender ausgestattet war, wurde nicht der Bär gefunden, sondern die Leiche eines Mannes. Dies hat sich in Österreich mit M 13 zugetragen und als der Bär in die Schweiz einwanderte, wurde er als Risikobär eingestuft und 2013 in Graubünden mit Gewehren tot geschossen. M 13 war nie aggressiv gegenüber Menschen und hat sich nur Gebäuden genähert. In der Schweiz wurde der Bär als gefährlich für Menschen eingestuft und damit das Todesurteil für das junge Bärenmännchen besiegelt. In Italien werden Bären, welche als Problembären eingestuft werden, nicht mit Gewehren tot geschossen, sondern gefangen und in Gehegen untergebracht.

Bär frisst keine Yaks

In Medien kursieren Geschichten um Bären, wie etwa jene, dass ein Yak von Reinhold Messner von einem Bären gefressen worden sei (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/suedtirol-baer-erlegt-messners-yak-a-367925.html.). Demgegenüber wird in der Lokalzeitung „der Vinschger“ von der zuständigen Nationalparkverwaltung klargestellt:  „Der Bär befand sich während der in Frage kommenden Zeit im Schweizer Nationalpark, es ist also nicht möglich, dass er in Sulden einen Yak angegriffen hat“, stellte Hanspeter Gunsch klar. Wolfgang Platter hatte am 4. August auch mit dem Präsidenten des Nationalparks, Ferruccio Tomasi, telefoniert. Tomasi habe ihn beauftragt, den Medien mitzuteilen, dass er, Tomasi, die alpinistischen Leistungen von Reinhold Messner zwar bewundere, „aber verwundert darüber ist, wie versucht worden sei, den Yak-Tod dem Bär in die Schuhe zu schieben“. (https://www.dervinschger.it/de/lokales/baer-hat-yak-weder-gerissen-noch-verletzt-4895).

Yaks tragen Hörner und wehren sich gegen Hunde, Bären und Wölfe, ähnlich wie Mutterkühe. Im Himalaya (z.B. in Bhutan) werden Yaks ausnahmsweise von Tigern gerissen, doch weder Wölfe noch Leoparden oder Bären im Himalaya greifen Yakherden an.

Beim sagenumwobenen Yeti soll es sich um Braunbären handeln, nämlich dem Isabellbär (Ursus arctos isabellinus), einer Unterart des Himalaya mit braun- roter bis silber-sandfarbiger Fellfarbe.

Bärenskulptur auf einer Alm am Nonsberg/Südtirol
Bärenskulptur auf einer Alm am Nonsberg/Südtirol

 

M49, Papillon genannt

Markus Perwanger, Koordinator des öffentlich rechtlichen Rundfunks Rai Südtirol, begegnet dem „Problembären“ M49 am Rande Bletterbachschlucht im August 2019. Seine Begegnung wird exklusiv in der Tageszeitung „Dolomiten“ gebracht, und seinem Sender verschweigt er die bärige Begegnung. Das Onlinemagazin Salto berichtet über Vorgänge in der Rai  (https://www.salto.bz/de/article/24082019/die-ethik-des-direktors).

Das Redaktionskomitee von RAI Südtirol beanstandete das Verhalten im Zusammenhang mit dem Problembären M49 und schrieb: „…Außerdem wäre es wichtig gewesen, die Bevölkerung sofort im Nachrichtenportal von RAI Südtirol in den stündlichen Radionachrichten und in der Tagesschau vor dem gefährlichen Bären zu warnen und nicht erst 13 Stunden später in den „Dolomiten“. …Wir finden dieses Verhalten für eine Führungskraft in der Position eines Koordinators von RAI-Südtirol im höchsten Maße befremdlich.“

Der als Problembär eingestufte Bär hat keinem Menschen ein Haar gekrümmt und war nur für Nutztierrisse und geplünderte Bienenstände verantwortlich. Er wird in Medien als gefährlich bezeichnet. Jeder, der dem Bär begegnete, hat die Begegnung heil überstanden und Rai Südtirol wollte gar stündlich in den Radionachrichten vor dem Bären warnen.
Dass es sich tatsächlich um den Bären M49 handelte, war nicht sicher. Umweltminister Costa appelierte an den Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher und mahnte ihn nicht zu töten:“ Usate cautela, non ammazzatelo“. Die Presse war sich darin einig, dass es sich bei dem gesichteten Bären um M 49 handelte. Innenminister Costa wies darauf hin, dass man zuerst sicher sein muss, dass es sich um M 49 handelt. (https://www.repubblica.it/ambiente/2019/08/20/news/m49_anche_in_alto_adige_un_ordinanza_per_la_cattura-233991345/).
Versuche den Bären zu fangen schlugen fehl und im März 2020, als Südtirol und Italien in einem strengen Lockdown wegen des Coronavirus waren, fand sich zwischen den vielen Pressemitteilungen der Autonomen Provinz Bozen auch eine für Papillon, wie er von Unweltminister Costa genannt wurde.
„Bär M49 ist aus dem Winterschlaft erwacht. LR Schuler rief dazu auf, die Sichtung des Bären zu melden und Vorsichtsmaßnehmen zu ergreifen.“ (News Autonome Provinz, 04.03.2020). Der Landesrat, zuständig für Tourismus, Landwirtschaft und Bevölkerungschutz, fand sich in den vielen Presseaussendungen dieser Zeit zum Thema Bär, obwohl der Tourismus und der Bevölkerungsschutz mit dem Ausbruch des Coronavirus durchaus vor großen und gewichigen Herausforderungen standen. 
Damit Bären keine Bienenstöcke plündern, sollten diese mit Strom führenden Erlektrozäunen eingezäunt werden.
Der als „Problembär“ eingestufte M49 wäre kein Problembär, würden Bienenstöcke und Haustiere mit simplen Maßnahmen sicher untergebracht (Bild: geschützte Bienenstöcke mit Elektrozaun)

Als Vorsichtsmaßnahmen wurde der Aufruf an jene Personen gerichtet, die sich in den Siedlungen zwischen Lavazéjoch, Jochgrimm und Radein aufhalten. Sie wurden ersucht, insbesondere darauf zu achten, dass:

  • Nutztiere die Nacht nicht im Freien verbringen und sich allgemein nicht entfernen;
  • die Eingänge zu den Gebäuden geschlossen bleiben, insbesondere die Ställe;
  • sie keine Essensreste im Freien hinterlassen;
  • Hunde an der Leine halten.

Alle diese Vorsichtsmaßnahmen sollten gängige Praxis sein und sind es auch, Hunde müssen praktisch überall an der Leine geführt werden und Türen von Gebäuden sind im März immer geschlossen usw.

M49 wurde schlussendlich im Trentino am 28.04.2020 bei Tione gefangen und in das Bärengehege von Casteller gebracht, in dem er schon einmal 2019 für einen Tag war und ausgebrochen war. Bären sind geschickte und intelligente Tiere.

Maurizio Fugatti (Lega), der Landeschef des Trentino, hatte den Abschuss von M 49 angeordnet. Der Umweltminister Sergio Costa sorgte dafür, dass der Bär in das Gehege gebracht wurde und keine Schießereien auf Bären in den Wäldern beginnen. Maurizio Fugatti, obwohl überhaupt nicht für Bären zuständig, hatte den Abschuss angeordnet.

Für die Freilassung des Bären wurden Unterschriften gesammelt und innerhalb kürzester Zeit wurden über 50.000 Unterschriften gesammelt (https://www.ansa.it/trentino/notizie/2020/05/04/orso-m49-ape-raccoglie-53.000-firme-per-il-rilascio_1dda8d07-9e84-4104-8fbb-74b092f05830.html). Am 27 Juli brach der Bär aus. Dieser Ausbruch aus dem Bärengehege Casteller war der zweite Ausbruch. Der Bär war bereits einmal als Problembär gefangen worden. Papillon ist der Ausbrecherkönig aus den Gehegen des Casteller. Zur Paarungszeit war er in die Gegend von Tione und Casteller gewandert, auf der Suche nach Weibchen, die es dort zahlreich gibt und gefangen worden. Er trug bei seinem Ausbruch einen Sender und wanderte durch das Etschtal mit der Autobahn in die östliche Landeshälfte des Trentino in die Gegend des Naturparks Paneveggio Pale die San Martino. Wie schon vorher hält er sich im Sommer in dieser Landeshälfte auf. Salurn in Südtirol mit dem dortigen Bärental ist ca. 30 km Luftlinie davon entfernt.

Buchenwald mit Eibe im  Bärental bei Salurn- Bären begegnet man überall sehr selten

Am 21. August 2020 übermittelte der Sender die Nachricht, dass der Bär tot sei. Wird ein solcher Sender längere Zeit nicht bewegt, wird das Signal gesendet,  dass das Tier tot ist. Bei Luchsen in Nationalpark Bayrischer Wald gibt es einen Luchs, der recht faul ist und länger schläft. Sein Halsband sendet daher öfter das Signal, dass er tot ist, obwohl er nur schläft. Papillon war auch nicht tot, er hatte sich das Halsband aber abgestreift. Papillon ist ein geschickter und intelligenter Bär und bärenstark.

„In der vergangenen Woche fanden seine Verfolger in einem Wald im Vanoi-Tal (östlich von Trient) das zerstörte Funkhalsband, mit dem die Position des 167 Kilo schweren Raubtiers geortet werden konnte.“ wird in der Bild Zeitung berichtet (https://www.bild.de/ratgeber/2020/ratgeber/brutale-raubtierattacke-in-italien-ein-baer-hat-meinen-ruecken-zerfleischt-72635920.bild.html). Der Funkhalsbandsender ist jedoch nicht zerstört, sondern funktionstüchtig.

Am 07.09.2020 wurde Papillon im Gebiet des Lagorai mit einer Rohrfalle gefangen. Der vier Jahre alte Bär wurde wieder einmal in das Bärengehege von Casteller gebracht.

M57 der Bär, der einen Carabinieri angriff

Ein Jungbär (M57), der Wanderern folgte, sich in Siedlungen aufhielt und recht wenig Scheu vor Menschen zeigte, weil er wahrscheinlich angefüttert wurde (die Bärin Jurka wurde etwa im Toveltal von Menschen gefüttert und es wurde auch ein Fall im Trentino bekannt,  wo Menschen einen kränklichen Wolf im Garten beim Grillen fütterten und das Video auf Facebook stellten https://www.ladige.it/territori/fiemme-fassa/2019/03/26/lupo-rognoso-fassa-attirato-cosce-pollo-filmato-marito-elena), hat hingegen am 23 August 2020 in Andalo bei einem Spaziergang im Wald um 22.30 in der Nacht einen Polizisten angegriffen. Bereits um 4 Uhr am Morgen war der Bär bereits gefangen (narkotisiert) und ins Bärengehege von Casteller gebracht worden. Dieser Fall zeigt sehr deutlich, dass die öffentliche Hand, wenn es sich um einen Bären handelt, welcher tatsächlich verhaltensauffällig ist und auch Menschen gefährlich wird, handlungsfähig ist und die Situation im Griff hat (https://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/trentino-catturato-orso-aggredito-carabiniere-ff3bb670-e485-47d5-b357-f0832982c79f.html?refresh_ce).

Der Fall ist deshalb ein ausergewöhnlich, da Bärenmännchen selten bis nie Menschen anfallen. Es soll dies der erste Fall in Europa sein, bei dem ein Männchen einen Menschen angriff. Sehen Bärenweibchen ihre Jungen in Gefahr und wollen sie verteidigen, so können durchaus Unfälle passieren. Bei einigen Tierarten, wie z.B. Haushühnern oder Hamstern, verteidigen die Muttertiere aktiv ihre Jungen vor Menschen. Bärenweibchen mit Jungen sind jedoch wesentlich weniger angriffslustig als jede kükenführende Henne (= Glucke). Bärenmännchen sind ebenfalls viel weniger agressiv als Hähne, Schaf- und Ziegenwidder, Stiere oder Hengste. Stiere und Hengste werden meist kastriert und zu Ochsen und Wallachen, damit sie umgänglicher werden.

Zu diesem Unfall in Andalo in der Nähe wurde Martin Hilpold von Vox News Südtirol befragt: https://www.voxnews.online/artikel/martin-hilpold-autos-viel-gefaehrlicher-als-baer

“ Ich habe keine Angst vor Bären, denn es ist wahrscheinlicher, auf der Fahrt dorthin einen Unfall mit dem Auto zu haben als von einem Bären angefallen zu werden.“

 

Fakenews: „Dutzende Bären in Südtirol“

Der Bayrische Rundfunk berichtet wie viele andere Medien am

„Bär greift in Südtirol zwei Wanderer an“

„In den Dolomiten hat ein Bär zwei Wanderer angegriffen und verletzt. Beide kamen ins Krankenhaus. In Südtirol leben zahlreiche Bären in freier Wildbahn.“ Der Leser wird glauben, dass es sich um die bekannten Dolomiten handelt, welche auch Weltnaturerbe sind. Doch sind es nicht diese Dolomiten. Der Unfall ereignete sich im dem aus Dolomitgestein bestehenden Dolomiten der Ademello Brenta Gruppe im Trentino. Es gibt auch keine Provinz Trentino Südtirol, wie im Artikel geschrieben steht, sondern die Provinz Trentino (deutsch: Trient) und die Provinz Bozen-Südtirol. In Südtirol wurde kein Wanderer von einem Bären angegriffen, in der Provinz Trient hingegen schon (https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/baer-greift-in-suedtirol-zwei-wanderer-an,S2hgIjB).

In Südtirol soll es laut Medienberichten der „Welt“, des Bayrischen Rundfunks,  und anderer Medien „mehrere Dutzend Bären“ geben, jedoch gibt es nicht mehrere Dutzend, sondern nur einzelne Tiere.

(https://www.welt.de/vermischtes/article210128155/Suedtirol-Baer-attackiert-zwei-Wanderer-in-den-Dolomiten.html). Die Tiroler Tageszeitung titelte dramatisch: „Vater kämpfte in den Dolomiten mit Bären um Sohn“. Bären ernähren sich zwar auch von Fleisch, jedoch kämpfte der Bär sicher nicht mit dem Vater um den Sohn (https://www.tt.com/artikel/17074936/vater-kaempfte-in-den-dolomiten-mit-baeren-um-seinen-sohn).

Der Bärenangriff im Trentino und die Schilderungen der Betroffenen, warfen Fragen auf, ob sie sich richtig verhalten hatten und auch Zweifel am Hergang des Vorgangs (https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2020/06/tag-baer-trentino-angriff-cles-brenta-monte-peller-luigi-spagnolli-1e2d4b80-fcb0-4f51-a809-2b0d737239dd.html). Umweltschützer und Tierschützer sprachen sich gegen die Abschussverfügung aus (https://www.tageszeitung.it/2020/06/28/der-baer-ist-nicht-die-grosse-bedrohung/) und der Umweltminister der Republik Italien intervenierte gegen die Abschussverfügung des Trientner Landeshauptmanns Fugatti.

Die beiden Männer wurden befragt, ob sie noch andere Bären gesehen hätten, da es durchaus möglich ist, dass ein Bärenweibchen ihre Jungen verteidigt. Die Männer waren nämlich am Abend in einem abgeschiedenen Wald unterwegs. Die beiden waren keine gewöhnlichen Wanderer oder Toursiten auf einem Wanderweg sondern zwei Jäger im Wald. Über das richtige Verhalten bei einer Bärenbegegnung gibt es Broschüren und Filme, welche verbreitet wurden und die Grünen Trentinos kritisierten, dass die beiden Männer als ortsansässige Jäger im Bärengebiet die Verhaltensregeln und Ratschläge kennen sollten. So wird etwa geraten, nicht lautlos durch den Wald zu gehen und z.B. einen klappernden Schlüsselanhänger am Rucksack zu befestigen, damit ein Bär das Kommen eines Menschen hört und sich entfernen kann. Bären sind wie viele andere Wildtierarten scheu und meiden eine Begenung mit Menschen. Die beiden Männer haben jedoch keine derartigen Verhaltensregeln angewandt.

Genetische Analysen zeigten einige Tage später, dass sie von einem Bärenweibchen angegriffen worden waren, nämlich von JJ4 und Gaia genannt. JJ4 ist die zweitälteste Bärin der Alpinen Bärenpopulation, ein Bärenweibchen mit 14 Jahren, welches sehr selten beobachtet wurde, weil es eben vollkommen unauffällig war. Sie ist die Tochter der „Problembärin“ Jurka. Jurka wurde auch von Gastwirten angefüttert, damit die Gäste Bären beobachten konnten und sie wurde dadurch zur Problembärin. Heute ist sie im Bärenpark im Schwarzwald untergebracht (https://www.baer.de/projekte/alternativer-wolf-und-baerenpark-schwarzwald/baeren-schwarzwald/1264-jurka).

Viele Jahre und Jahrzehnte gab es in Italien keine Fälle, dass Bären Menschen verletzten. 2014 wurde ein Mann beim Pilzesammeln von der Bärin Daniza angegriffen. Der Mann ging zwischen der Bärin und ihren Jungen und die 18 jährige Bärin griff den Mann an, da sie ihre Jungen in Gefahr sah. Er wurde nur leicht verletzt. Die Bärin sollte gefangen werden. Sie verstarb jedoch durch die Narkose.   (https://www.repubblica.it/ambiente/2014/09/11/news/morta_l_orsa_daniza_non_sopravvive_alla_cattura-95490478/). Die friedliche alte Bärenmutter Gaia oder JJ4 führte zum Zeitpunkt des Angriffs drei Jungtiere und sie sah offensichtlich ihre Jungen durch die beiden Männer die nach 18 Uhr im Wald umherstreiften bedroht. Die Justiz verhinderte die Abschussverfügung des Landeshauptmanns Trentinos, Fugatti. Auf derartige Zwischenfälle kann nicht mit dem Abschuss der Bären geanwortet werden https://www.repubblica.it/ambiente/2020/07/30/news/l_orsa_jj4_non_imputabile_di_aggressione_la_sentenza_del_tar_di_trento-263270250/.

Bären und auch Wölfe sind immer für eine Schlagzeile gut und der Bärenangriff auf die „beiden Wanderer in Südtirol“ wird auch in Medien Deutschlands und Österreichs verbreitet. Keine internationale Beachtung fand dagegen ein Eselangriff im Trentino ein paar Tage vorher, ein Esel griff einen Wanderer an und verletzte ihm im Gesicht (https://www.tageszeitung.it/2020/06/21/die-esel-attacke/). Diese Person wurde schwerer verletzt als die beiden Männer, die von Bären angefallen wurden. Auch andere Verletzte, etwa durch Verkehrsunfälle (durchschnittlich gibt es alleine in Südtirol 5 Verkehrsunfälle mit Verletzten und Toten) sind auch keine Meldung wert. Ein Bärenangriff mit einem Verletzten findet medial Eingang über den Ländergrenzen hinweg. Ebenfalls verbreitet wird damit auch die Angst, dass Bären für Menschen gefährlich sind.

Gefährlichkeit von Bären

Bärenexperten, wie Remo Sommerhalber, der großen Grisslybären in Kanada auf der Spur ist und nicht den relativ kleinen Bären der Alpenpopulation,  kritisierte in der Tageszeitung wie hierzulande mit Bären umgegangen wird (https://www.tageszeitung.it/2020/07/13/baeren-sind-sehr-friedfertig/). Bären sind nämlich sehr friedfertige Tiere. 

„Lebensgefahr: Bär jagt Skifahrer“ wird am 11.03.2021 auf dem Nachrichtenportal Stol (stol.it) berichtet. Ein Bär lief nämlich einem Skifahrer hinterher. Bären machen auch Scheinangriffe, also Angriffe nur zum Schein, bei denen sie so tun, als seien sie gefährliche Jäger. Menschen, von denen sie sich gestört fühlen, laufen sie mit dem Ziel hinterher, sie zu vertreiben. Es handelte sich bei dieser Bärenbegegnung um ein Zusammentreffen von Bär und Mensch  auf einer rumänischen Skipiste, bei dem sich niemand in Lebensgefahr befand.

Die Gefährlichkeit von Bären (Braunbären inklusive Grisslybären und Kamtschatkabären) wurde wissenschaftlich in der NINA Studie untersucht: Bärenangriffe vom Mittelalter bis 1995 wurden gezählt und im 20. Jahrhundert wurden in Europa 36 Menschen durch Bären getötet, in Asien 206 und in Nordamerika 71.

Wesentlich mehr Angriffe auf Menschen gibt es durch Tiger oder auch Lippenbären, alleine im Bundestaat Madhya Pradesh in Indien gab es in 5 Jahren 735 Lippenbärenangriffe und 48 endeten tödlich.

„Angriffe von Braunbären in Europa sind selten, auch wenn die mediale Berichterstattung bisweilen ein anderes Bild in der Öffentlichkeit verbreitet….

Die Autoren der NINA-Studie weisen jedoch darauf hin, dass eine realistische Gefahreneinschätzung, das Opfer eines Bärenangriffs zu werden, nur im Vergleich mit anderen Wildtierarten möglich ist, da die tatsächliche Dimension der Gefahr lebensbedrohlicher Begegnungen mit einem Bär statistisch um ein vielfaches geringer ist als z.B. der Zusammenstoß oder Angriff mit einem Herbivoren. (Pflanzenfresser)

Wissenschaftlicher Dienste des Deutschen Bundestages, Dokumentation
WD 8 – 3000 – 049/18

(https://www.bundestag.de/resource/blob/565014/e785bae90a8951e6c6495a5df4af0fa7/wd-8-049-18-pdf-data.pdf)

 

Harmlose Rehe können auch Menschen verletzen (https://www.suedtirolnews.it/chronik/starker-blutverlust-suedtiroler-von-reh-attackiert) und auch ein Schoßhund kann einmal zubeißen. Weder vor Bambi noch vor Schoßhunden muss man deshalb Angst haben. 

Kühe auf Almen sind in den Alpen auch für Todesfälle verantwortlich.

Frei herumlaufendes Weidevieh kann Schäden verursachen

Die „Gefahr“ durch „Problembären“ ist medial und politisch immer eine Schlagzeile wert und auch beim Thema Wolf ist Presse und Politik stets hellhörig und schürt Ängste. Ein totes Schaf durch einen Wolf schafft es in Südtirol sicher in die Nachrichten. Eine ausgestorbene Tierart eher nicht.  Mehr zum Thema Wolf: http://biodiversitaet.bz.it/wolf/