Biber in unseren Bächen: Ökosystem auf dem Weg der Besserung

Biber (Castor fiber)

Der Biber ist die grösste Nagetierart Europas und wird 25 bis 30 kg schwer. Biber ernähren sich rein vegetarisch und sie ernähen sich im Sommer vor allem von Gräsen, krautigen Pflanzen, Knospen, jungen Trieben und Früchten. Im Winter ernährt sich der Biber hauptsächlich von der Rinde und den Knospen von Bäumen. Dazu fällt er Bäume und legt auch Vorräte von Ästen unter Wasser an. Seine Schneidezähne wachsen ein Leben lang nach und er vermag als einzige Tierart Europas auch große Bäume zu fällen, deren Äste als Winternahrung dienen und er gestaltet Gewässer natürlicher und strukturreicher.

Ausrottung und Rückkehr

Der Biber war um 1850 in Euorpa nach jahrhundertelanger Verlolgung fast vollkommen ausgestorben. Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Europa nur noch 1200 Tiere in 8 isolierten Populationen. Grund für das Aussterben war hauptsächlich die direkte Verfolgung und Tötung der Tiere, als Nahrung und wegen ihres Fells wurden sie getötet. Das Bibergeil, das Drüsensekret der Biber, war ebenfalls begehrt. Ein weiterer Grund für die Verfolgung war die Bau- und Grabtätigkeit des Bibers, welche auch heute zu Konflikten führen kann, wenn Menschen Bibern Lebensraum nicht zugestehen wollen.

In Österreich ist die Art seit 1863 ausgestorben, in Nordtirol wurde der letzte Biber 1813 bei Vils im Bezirk Reute getötet. In Italien gilt er seit 1541 als ausgerottet. Der letzte Biber Südtirols soll 1594 bei Obervierschach getötet worden sein.

In der Schweiz wurde der letzte Biber 1820 getötet. Diesen Ereignissen voraus ging die systemtische Tötung von lebenden Bibern über die Jahrhunderte hinweg. Derartige Ausrottungsexzesse wie von Menschen betrieben sind von keiner Tierart bekannt. Der Biber starb so in vielen Staaten aus und das Verbreitungsgebiet wurde immer kleiner. Die Art hat in ihrer Anzahl abgenommen und in ihrem Verbreitungsareal.

In einigen Gebieten konnte die Art jedoch überleben, etwa an der Mittleren Elbe in Deutschland oder an Rhone Frankreichs, Flüssen Weissrusslands und Norwegens. Durch Wiederansiedlungen und den strikten Schutz seit 1920 gab es im Jahr 2000 wieder 592.000 Tiere in Europa.

Es gab in Mitteleuropa Wiederansiedlungen in den 1970er und 1980er Jahren in Österreich bei Wien in den Donauauen oder in Deutschland in Bayern (https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/biber). Angesiedelt wurden auch Biber aus Kanada, in Finnland und Karelien (Russland) gibt es 12.000 Kanadische Biber. Auch in Polen, Österreich und Frankreich wurden Tiere aus Kanada angesiedelt, wobei diese jedoch nicht überlebten bzw, wieder eingefangen wurden. Der Kanadische Biber (Castor canadensis) ist nämlich keine heimische Tierart und durch Kreuzung mit heimischen Bibern wird der heimische Biber gefährdet.

Die Biber breiteten ihr Verbreitungsgebiet aus und wandern den Bächen nach, indem sie meist bachaufwärts neue Reviere bilden. So wanderten sie etwa in Österreich dem Inn  von Bayern hinauf nach Nordtirol oder von Kärnten nach Osttirol der Drau hinauf. In Nordtirol hat sich dadurch eine Biberpopulation wieder gebildet. Stand 2016: 130 Biberreviere in Nordtirol und 1 oder 2 Biber in Osttirol.

In Italien wurde nach fast 500 Jahren der Abwesenheit 2018 ein Biber wieder am Tarvisio in der Provinz Udine gesichtet und in Südtirol 2020, welcher über die Drau zuwanderte. Heute ist der Biber in wieder vielen Staaten Europas wieder verbreitet, fehlt aber noch in England, Portugal, dem südlichen Balkan und Italien weitgehend bzw. gänzlich. Die Ankunft eines Bibers 2020 in Südtirol am Sextner Bach ist für die Art in Italien ein historisches Ereignis.

Der Biber ist global als Tierart nicht gefährdet (IUCN), in Nordamerika gibt es viele Biber und in Europa nimmt die Zahl der Biber zu und das Verbreitunggebiet dehnt sich immer weiter aus.

Global selten und in Gefahr ist die Population Chinas und der Mongolei. Die Unterart Chinas  und der Mongolai (Castor fiber birulai) ist eine der seltensten Säugetiere der Mongolai und Chinas. Auf einer Länge von 50 km und 500 Breite leben am Fluss Ulungur (chinesisch) bzw. Bulgan (mongolisch) im Grenzgebiet China- Mongolai ca. 500 Biber, der Großteil der Population Chinas und der Mongolai. Der Biber ist in China offiziell nach der Roten Liste vom Aussterben bedroht.

Der Biber ist eine Bereicherung für die Natur und das Ökosystem. Treffend beschreibt sich der Biber in der Biberbroschüre Tirols wie folgt:

“Denn wir Biber sind eine wichtige Tierart für die heimischen Gewässer. Wir sind Wasserbauer und Holz fäller und können ein Stück Feuchtgebiet in eine wahre Wildnislandschaft verwandeln. Und noch mehr: Wir tragen zur ökologischen Verbesserung der Gewässer bei, stärken die Selbstreinigungskräfte und leisten einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz an den Oberläufen der Bäche.”

 

Biber im Ökosystem:

Biber können schneller schwimmen als laufen

Biber sind semiaquatisch lebende Säugetiere und an das Wasser gut angepasst. Sie können besser schwimmen als an Land laufen und lange Tauchgänge sind für die Lungenatmer kein Problem. Der Biber vermag wie kaum eine andere Wildtierart Gewässer und Landschaft zu gestalten. Er ist ein Landschaftsingenieur und Landschaftsbauer. Er fällt Bäume und errichtet Dämme, wodurch aus fließenden Gewässern auch stehende Gewässer werden können. Biberdämme in Kanada erreichen auch einige hundert Meter, in Europa sind es meist nur einige Meter breite Dämme.

Der Biber hat die Fähigkeit ein ganz neues Gewässer zu schaffen und wirkt sich funktional im Gewässerökosystem aus.

Beton in der Talfer: Beton oder Zyklopensteine prägen die Struktur der Fließgewässer Südtirols: sie wurden und werden massiv verbaut- der Biber baut natürliche Rückhalteteiche.

Auswirkungen des Bibers auf das Gewässerökosystem und den Hochwasserschutz:

  • Neuschaffung von stehenden Gewässern
  • Abminderung der Strömungsgeschwindigkeit eines Fließgewässers und damit Verringerung von Schäden durch Erosion.
  • Bessere Wasserversorgung der Landschaft, da der Grundwasserspiegel und damit der Wasserrückstau in der Umgebung des Fließgewässers erhöht werden. Wo Biber stauen und Wasser langsam fließt, dringt es besser ins Erdreich ein und füllt die Grundwasservorräte auf. Damit werden Trinkwasserreserven gesichert und so auch die Wasserversorgung der landwirtschaftlichen Flächen verbessert.
  • Der Wasserstau ermöglicht eine verbesserte Sedimentablagerung, wodurch neue Lebensräume entstehen.
  • Verbesserung der Wasserqualität und der Strukturvielfalt des Gewässers; es bilden sich z. B. Flachwasserzonen, die eine höhere Wassertemperatur aufweisen als das restliche Gewässer.
  • Verbesserte Regulierung der Wasserdynamik z. B. bei Starkregen, da der Damm Hochwasserspitzen abpuffert und Trockenphasen ausgleicht. Nicht zuletzt bietet dies einen wichtigen Schutz gegen Hochwasser, da Wasserspitzen nach Starkregenereignissen oder nach der Schneeschmelze abgepuffert werden (er baut quasi Rückhaltebecken).
Biberburg: „Wohnhaus“ des Bibers mit Eingang unter der Wasseroberfläche als Schutz vor Raubtieren.

Biber schafft Lebensräume für Arten

Mit der Bautätigkeit des Bibers einher geht die Schaffung von Lebensräumen. So können etwa trockengefallene Auwälder durch Biberdämme wieder vernässt werden und so können sich Biberbauten auch auf die Qualität von Auwäldern auswirken. Durch die Vernässung des Umlandes können auch neue Auwaldstandorte entstehen und der Biber verändert so nicht nur das Gewässerökosystem, sondern auch Landökosysteme. Er vermag lebendige Auen zu schaffen und dadurch profitieren die Arten der Auwälder. Der Biber ist ein Teil der Arten der Auen und er gehört zu lebendigen Auen wie Weiden oder Erlen eines Auwaldes.

Der Biber schafft neue Strukturen im Gewässer und erhöht die Strukturvielfalt eines Fließgewässers maßgeblich. Im Gewässer gelagerte Äste und Bäume dienen als Unterstand für Fischarten oder als Kinderstube für Fische. Die Anlage von stehenden Gewässern lässt neue Laichgebiete für Amphibien entstehen oder neue Brutgebiete für Wasservögel. Auf die Artenvielfalt eines Gewässers hat der Biber so einen einen sehr großen Einfluss. Wasserpflanzen der stehenden Gewässer, seien es Röhrichtarten oder untergetauchte Wasserpflanzen können sich in den aufgestauten Teichen ansiedeln.

Die Anhebung des Grundwasserspiegels und die Vernässung des Umlandes können neue Auwälder entstehen lassen oder auch Feuchtwiesen. Feuchtwiesen gibt es in Südtirol fast keine mehr und die Arten der Feuchtgebiete sind generell jene Arten, welche am meisten in Südtirol abgenommen haben.

Durch die Erhöhung der Artenvielfalt werden die natürlichen Kreisläufe stabiler. Wir Menschen hängen von diesen Kreisläufen ab und eine höhere Stabilität der Kreisläufe des Ökosystems hilft uns, Katastrophen wie Dürre oder Hochwasser besser abpuffern zu können.

Biber beleben Gewässer, machen sie vielfältiger und natürlicher. Auf diese Weise steigert sich der ökologische Zustand und auch der Erlebniswert der Gewässer. Wo Natur entsteht und Biber bauen, dort entsteht ein Stück Natur an und in Gewässern. Gerade um Gewässerökosysteme ist es in Südtirol sehr schlecht bestellt, die Artenvielfalt nahm ab und die Gewässerökosysteme wurden grundlegend und fast flächendeckend verändert wie kaum ein anderes Ökosystem (bis auf einige unverbaute Bäche im Hochgebirge gibt es in Südtirol keine natürlichen Fließgewässer mit sehr gutem ökologischen Zustand) .

Biber statt Bagger: Renaturierung von Flüssen

Biber können durch ihre Bautätigkeit Gewässer renaturierungen. Während bei Südtirols Renaturierungen Ufervegetation und Auwälder verschwinden und weggebaggert werden, ohne Zustandserfassung auf Art- und Ökosystemebene, gibt es gute Beispiele von Renaturierungen etwa durch Biber in der Schweiz. Im Kanton Bern wurde die Tätigkeit des Bibers genutzt, um einen Maisacker in ein Feuchtgebiet zu verwandeln.

Fernsehbeitrag dazu: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/biber-statt-bagger?urn=urn:srf:video:38a16d38-ac57-4604-b81e-d5425347c5f6&id=38a16d38-ac57-4604-b81e-d5425347c5f6

Biber können Gewässer strukurieren, Lebensräume schaffen, Gewässerökosysteme verbessern und mit ihrer Bautätigkeit so auch Gewässer revitalisieren und lebendiger gestalten.

Bagger bei der „Revitalisierung“ bzw. systematischen Waldzerstörung an der Ahr http://biodiversitaet.bz.it/2020/08/11/renaturierung-ahrauen/.

Biber als Gewässerrevitalisierer: „Seine Mitarbeit hilft, Geld zu sparen: Anstatt den Gewässerlauf aufwendig mit Baggern zu formen, kann man sich oft mit initialen baulichen Eingriffen begnügen. Die weitere dynamische Gestaltung des Gewässerlebensraums wird dann der Biber gratis und auf natürliche Weise besorgen – falls man ihm den Raum dafür überlässt. Zuweilen kann die Aktivität des Bibers auch dem Hochwasserschutz dienen: Biberdämme im Oberlauf kleiner Gewässer können Hochwasserspitzen dämpfen (Nyssen et al.
2011). Dazu braucht es allerdings Platz für ausreichend grosse Überflutungszonen.“ Bundesamt für Naturschutz Schweiz, Biber als Partner bei Gewässerrevitalisierungen, 2014.

Weitere Infors in der Biberboschüre des Landes Tirol: https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/naturschutz/downloads/Biberbroschuere_2018_WEB.pdf.

Biber als Revitalisierer von Gewässern: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/publikationen-studien/publikationen/biber-als-partner-bei-gewaesserrevitalisierungen.html

mehr zu Baggerarbeiten in Bächen auf: http://biodiversitaet.bz.it/revitalisierung-wasserrahmenrichtlinie/

mehr zu Bächen auf: http://biodiversitaet.bz.it/baeche-und-seen/